0004Ed. H. Form und Inhalt der neuen Massenet’schen
0005Oper verrathen deutlich die Einwirkung von Mascagni’s
0006„Cavalleria“. Ein atemlos vorwärts stürmender Einacter,
0007nur durch ein bei offener Scene gespieltes Orchester-Inter-
0008mezzo unterbrochen. Die knappe Form ist mit tödtlichem
0009Zündstoff gefüllt, der rasch explodirend die Hauptpersonen
0010in Stücke reißt. Die Handlung, nach einer Novelle des
0011Jules Claretie dramatisirt und von Max Kalbeck vor-
0012trefflich ins Deutsche übertragen, spielt in Spanien, während
0013eines der jüngsten Carlisten-Aufstände. Ein muthiges armes
0014Mädchen, Anita, eilt Nachts in das feindliche Lager und
0015ersticht dort den Anführer der Carlisten — nicht um, wie
0016Judith, ihr Volk zu befreien, sondern um eine hohe Geld-
0017summe zu verdienen, die sie als Mitgift zu ihrer Heirat
0018braucht. Schwerverwundet wird ihr Geliebter, der Sergeant
0019Araquil, herbeigetragen; er stößt die Mörderin mit einem
0020Fluche von sich und stirbt zu ihren Füßen, während sie in
0021wahnsinniges Lachen ausbricht. Man sieht, in dem
0022„Mädchen von Navarra“ ist der tragische Spiritus noch
0023concentrirter als in der „Cavalleria“; unter beständigem
0024Herzklopfen eilt die Handlung vorwärts und treibt jeden
0025der wechselnden Gemüthsaffecte gleich auf die äußerste Spitze.
0026Trotz dieses Zusammentreffens zählt Massenet keineswegs zu
0027den Nachahmern Mascagni’s; seine Musik trägt unverkenn-
0028bar den Stempel ihres Autors und klingt so ausgesprochen
0029französisch, wie die „Cavalleria“ italienisch. Originell zeigt
0030sich Massenet zunächst in der Stoffwahl. Als eminent rea-
0031listisches Drama mußte „Das Mädchen von Navarra“ in der
0032Gegenwart spielen. Dem heutigen Opernwesen ist aber
0033gerade noch so viel Poesie oder Idealismus geblieben, daß
0034es das Salonkleid unserer feinen Gesellschaft auf der Bühne
0035schlechterdings nicht brauchen kann, also für moderne Stücke
0036immer wieder zu den Bauern zurückgreift. Die Ehebruchs-immer wieder zu den Bauern zurückgreift. Die Ehebruchs--
0037und sonstigen Unglücksdramen von Dumas und Sardou,
0038von Ibsen und Sudermann wären für die Oper schon des
0039Costüms wegen schwer zu verwenden. Fast alle die zahl-
0040reichen Nachfolger der „Cavallaria“, italienische wie deutsche,
0041sind Bauernstücke. Massenet’s Oper hingegen ist ein
0042Soldatenstück, und zwar eines im Kriege. Der malerische
0043und poetische Reiz, womit der Soldat durch schmucke Uni-
0044form, stramme Haltung und frisches Temperament sich
0045von der bürgerlichen oder bäuerlichen Umgebung abhebt, ist
0046zwar älteren Operncomponisten auch nicht entgangen, doch
0047waren es immer nur einzelne Figuren, wie Belcore im
0048„Liebestrank“, Lorenzo in „Fra Diavolo“. Selbst in „Car-
0049men“, wo die Soldaten einen ziemlichen Raum einnehmen,
0050bildet die Titelheldin mit ihren Freundinnen, mit den
0051Schleichhändlern und den Stierkämpfern das bewegende dra-
0052matische Element; das Militär verschwindet in den beiden
0053letzten Acten vollständig. Massenet’s Oper hält den kriege-
0054rischen Schauplatz und die kriegerische Handlung von Anfang
0055bis zu Ende fest. Das ist etwas Neues. Nicht wie in „Car-
0056men“ der uniformirte Müßiggang vor einer friedlichen
0057Hauptwache, sondern Schlachtenlärm und ernste militärische
0058Zurüstung beherrschen die Scene. Schon das wilde Vorspiel,
0059worin Trommeln und Trompeten das große Wort führen,
0060läßt uns ahnen, daß wir hier mehr ein Gemälde als eine Oper
0061zu erwarten haben. Der Vorhang geht auf; wir befinden
0062uns vor einer Barricade, im Bivouak, Hornsignale und
0063Trommelwirbel schmettern von allen Seiten, Verwundete
0064werden hereingetragen, der General und die Officiere, von
0065den Insurgenten besiegt, folgen ihnen in düsterem Schwei-
0066gen. Die musikalische Schilderung dieser Exposition besorgt
0067allein das Orchester, welches die stummen pantomimischen
0068Vorgänge auf der Bühne erklärt und colorirt. Diese und
0069noch andere Partien in „La Navarraise“ werfen ein bedeut-
0070sames Licht auf das sich immer mehr verschiebende Ver-
0071hältniß zwischen Gesang und Orchester in den neuesten
0072Opern. Kaum hätte noch vor zwanzig Jahren ein
0073Componist diese erste Scene ohne einen Soldaten-
0074chor, überhaupt ganz ohne Vocalmusik sich ab-
0075spielen lassen. Der Gesang scheint qualitativ und
0076quantitativ in der modernen Oper immer mehr zurückzu-
0077treten, das Orchester eine immer wichtigere Rolle zu erobern.
0078Wir lesen soeben von einer neuen (auch aus der „Cavalleria“
0079herausgeborenen) einactigen deutschen Oper „Amen“, deren
0080erste Scenen sich nur pantomimisch abspielen. Das Auftreten
0081des Generals Garrido, seine Conversation mit den Offi-
0082cieren, das erste Gespräch Anita’s (der einzigen Frauenrolle)
0083und ihr Monolog, das Alles ist nur recitativisch, über einer
0084stetigen Orchester-Begleitung ausgeführt. Erst als Anita
0085ihren geliebten Araquil wiederfindet, beginnt ein Stück
0086melodisch geformten Gesanges. Hier war dem Liebesduett
0087eben nicht auszuweichen. Das Duett, aus dem die hohen
0088Brusttöne des Tenors wie Raketen aufsteigen, wirkt mehr
0089durch leidenschaftlichen Ausdruck, als durch die Melodie
0090selbst. Nun tritt Araquil’s Vater, ein habsüchtiger alter
0091Bauer, zu den Liebenden und versagt seine Einwilli-
0092gung, falls nicht Anita eine Mitgift von zweitausend
0093Thalern beschaffe. Ihr Flehen „Verlangt nicht Geld
0094um Geld“, ein rührendes Andante in Fis-dur,
0095ragt melodisch fast als einziger Höhenpunkt aus
0096der Partitur hervor. Und auch diesem gesangvollen Thema
0097gönnt der Componist keine Entfaltung; schon im fünften
0098Tact wird es durch convulsivisches Parlando verzerrt und
0099zerrissen. Die Melodie erinnert an das Liebesduett zwischen
0100Silvain und Rose Friquet im „Glöckchen des Eremiten“,
0101das sich aber viel einheitlicher, musikalischer entwickelt. Man
0102hat in Massenet’s Oper bishin so viel Sprachgesang ver-
0103nommen, daß man diese wirkliche Gesangsmelodie mit ver-
0104doppelter Freude begrüßt. Darum möchte ich jedoch jene
0105Scenen der „Navarraise“, in welchen der Gesang neben-
0106sächlich, fast nur als erklärende Begleitung des Orchesters
0107behandelt ist, nicht geringer achten. Es gehören in diese
0108Classe wol die eigenthümlichsten und geistreichsten Partien
0109der Oper; nur die Thatsache, daß dem melodisch geformten
0110Gesange eine weit untergeordnetere Stellung darin eingeräumt
0111ist, sollte hier betont sein. Da haben wir gleich zwei merk-
0112würdige Gesangstücke, in welchen die Singstimme völlig un-
0113bedeutend, stellenweise ganz nichtig ist, und welche trotzdem
0114durch den exotischen Reiz der Begleitung eigenartig fesseln.
0115Beide sind spanischen Volksmelodien nachgebildet. Zuerst
0116die Erzählung Anita’s (in dem Terzett), wie sie bei einem
0117ländlichen Fest ihren Araquil kennen gelernt. Sie wirft
0118ihre Schilderung in zerpflückten Parlandosätzen ins Orchester [2]
0119hinab, wo eine fortlaufende Fandango-Melodie dieselben auf-
0120fängt und zusammenhält. Dieser Fandango ist eine arm-
0121selige Tanzmelodie auf einer noch armseligeren Harmonie,
0122wenn man vier kurz abgerissene Baßnoten so nennen kann
0123— aber das Ganze wirkt durch seinen von Tamburin und Ca-
0124stagnetten belebten, fremdartigen Rhythmus und eine naive,
0125nicht ungraziöse Unbeholfenheit. Das zweite Beispiel liefert
0126uns der Soldat Bustamente. Auf einer Lafette sitzend, singt
0127er seinen Kameraden ein Lied vor, in welches sie, tactweise
0128in die Hände klatschend, mit einem kurzen Chor-Refrain auf
0129Einer Note einfallen. Die Melodie ist trivial, die Be-
0130gleitung besteht aus zwei, die Guitarre imitirenden Accor-
0131den in monotonen gleichen sechs Achteln. Also absichtlich aller-
0132dürftigste Volksmusik, Musik in ihren Kinderschuhen. „Chanter
0133très fort et sans nuances“ lautet die Anweisung des Com-
0134ponisten, der somit ängstlich besorgt scheint, der Sänger könnte
0135etwa durch „Vortrag“ das plumpe Stück ein bischen ideali-
0136siren. Auch dieses Gesangstück macht seine Wirkung durch
0137derbe Realistik und exotischen Klang. Daß es unser musi-
0138kalisches Gefühl befremdet, ja stellenweise verletzt, entspricht
0139vollkommen den Absichten der neuesten realistischen Schule
0140in der Musik, welche selbst das Volkslied möglichst natura-
0141listisch, ungewaschen und ungekämmt uns vorführt. Man
0142vergleiche nur diese zwei Beispiele mit den Barcarolen in
0143der „Stummen von Portici“. Diese sind echt national,
0144keineswegs idealisirt, aber doch so weit „stylisirt“, daß sie
0145mit den Schönheitsgesetzen, mit dem Styl des Ganzen har-
0146moniren.
0147Das Musikstück, welches allenthalben den Erfolg der
0148Novität hauptsächlich begründet hat, ist keine Gesangsnummer,
0149sondern, sehr bezeichnenderweise, ein Orchesterstück: das Inter-
0150mezzo zwischen der ersten und zweiten Abtheilung. Die Sol-
0151daten haben nach den Anstrengungen des Tages, in ihre
0152Mäntel gehüllt, sich auf den Boden gelegt und schlafen.
0153Das Orchester begleitet ihren Schlummer mit einem zarten
0154Nocturno, das sich auf einem durch 36 Tacte festgehalte-
0155nen Orgelpunkt bewegt. Ein Gefühl wohliger Ermüdung
0156durchdringt die sanfte Monotonie dieses Musikstückes. Von
0157schönem, eigenthümlichem Effect ist das tactweise stark an-
0158geschlagene tiefe F der Harfe, auf dem die zartere Beglei
0159tungsfigur der Bratschen und höher die zwitschernde Me-
0160lodie von Flöten und Clarinetten sich erhebt. Auch hier wirkt
0161hauptsächlich der Reiz des Fremdartigen, der geheimnißvolle
0162Zauber des Klanges. Wahrscheinlich entstand dieses Noc-
0163turno als ein Concurrenzstück zu Mascagni’s über Verdienst
0164berühmtem „Intermezzo“. Das Massenet’sche ist ungleich
0165feiner und geistreicher. In dieser Kunst stimmungsvollen
0166Farbenmischens entfaltet Massenet eine außerordentliche Ge-
0167schicklichkeit, und für den Musiker steckt die ganze Orchester-
0168Partitur voller Leckerbissen. Darauf ist „Das Mädchen
0169von Navarra“ leider nur allzu sehr angewiesen; die Musik
0170kann in dieser anhaltend gewitterschwülen elektrischen Span-
0171nung nicht tief athmen, nicht aus eigenen Mitteln leben
0172und sich bequem machen; den größeren Theil der Oper
0173hindurch wirkt sie nicht gestaltend, sondern decorativ.
0174Was nun auf das Intermezzo folgt — das Erwachen
0175der Soldaten, Hereinstürzen der Anita nach vollbrachtem
0176Mord, ihre Dialoge mit Garrido und Araquil — also
0177eigentlich die ganze zweite Abtheilung ist nicht melodisch
0178geformte und entwickelte Musik, sondern zwischen Andeutung
0179und Aufschrei wechselnde Declamation. Kein Wunder, daß
0180alle diese heißen Interjectionen, der jähe Wechsel zwischen
0181tonlosem Psalmodiren (Anita’s Gebete zur Madonna) und
0182dolchartig einschneidenden Schmerzensrufen uns allmälig
0183müde und nervös machen. Zum Schluß gar die nicht enden-
0184wollenden Todtenglocken für den gemordeten Zaccaruga, die
0185wilde Empörung Araquil’s, sein Tod, der Wahnsinn Anita’s!
0186Der Wahnsinn, das ist in solchen Fällen die ultima ratio
0187der Operncomponisten, ein verbrauchtes, widerwärtiges
0188Theater-Requisit. Fast mit denselben Wendungen wie die
0189elegante Lucia von Lammermoor: „Nun komm’! Voll ist
0190die Kirche. Sie warten schon!“ beginnt Anita irre zu reden.
0191Nach Vorschrift des Autors hat sie das auch noch „mit
0192reizender Liebenswürdigkeit, wie ein Kind“ zu sagen.
0193Soll ich die Summe der Eindrücke ziehen, die ich
0194hier rasch geschildert? Wer noch daran hält, auch in der
0195Oper musikalisch denken und genießen zu können, der
0196wird für das „Mädchen von Navarra“ nicht schwärmen,
0197jedenfalls hat er nach dem „Nocturno“ seinen Lohn dahin.
0198Was darauf folgt, mag jene Opernfreunde befriedigen, die
0199nur dramatisch geschüttelt und gepeinigt sein wollen und
0200am liebsten ins Theater gehen, um das Gruseln zu lernen.
0201Bei aller Bewunderung für Massenet’s glänzende Technik,
0202und bei aller Vorliebe für die Schönheiten in „Manon“
0203und „Werther“, sein navarresisches Mädchen wirkt ungefähr
0204auf mich, wie ein überheizter, rothglühender Ofen, der jeden
0205Augenblick zu zerspringen droht.
0206Die Aufführung der neuen Oper war ganz ausgezeichnet,
0207und ebenso die Aufnahme derselben im Publicum. An
0208Fräulein Renard (Anita) und Herrn van Dyck (Araquil)
0209soll der anwesende Componist seine helle Freude gehabt haben,
0210sowie an der virtuosen Leistung des vom Herrn Director
0211Jahn dirigirten Orchesters. Im Mittelpunkt des Interesses
0212stand natürlich Fräulein Renard, welche die anstrengende,
0213musikalisch wie dramatisch sehr schwierige Hauptrolle mit
0214glänzendem Erfolg durchführte. Die Rolle verleitet, ja zwingt
0215beinahe zu Uebertreibungen in den letzten Scenen; Fräulein
0216Renard dürfte in späteren Aufführungen manchen Aufschrei
0217mildern. Auch Herr van Dyck, der treffliche Darsteller
0218des Araquil, hat in der Aufregung, die jede Première mit
0219sich bringt, sein Organ mehr angestrengt, als rathsam
0220war. Die durchwegs wichtigen kleineren Rollen werden von
0221den Herren Neidl, Reichenberg, Ritter und
0222Schittenhelm vorzüglich gegeben.
0223Nicht ganz so traurig wie „Das Mädchen von Navarra“
0224verläuft das neue Ballet „Amor auf Reisen“. Die
0225Verfasser mögen es sogar für höchst belustigend gehalten
0226haben, während es dem Publicum mehr langweilig vorkam.
0227Von den neueren Balletten im Hofoperntheater zur äußersten
0228Genügsamkeit erzogen, sind wir schon zufrieden, wenn in
0229einer halbwegs einheitlichen, munteren Handlung uns etliche
0230charakteristische Figuren und witzige Einfälle geboten werden.
0231Können wir gar ein paarmal herzlich lachen, so kennt unsere
0232Dankbarkeit keine Grenzen. Aber hinter so bescheidenen
0233Wünschen bleibt der reisende Amor noch bescheidener zurück.
0234Kaum ist je eine armseligere Ballethandlung zu so lästiger
0235Breite ausgezerrt worden. Für Jeden, der nicht im Text-
0236buch nachliest, bleibt sie obendrein ganz unverständlich. Gott
0237Amor wird „wegen eines Schelmenstreiches“, den das
0238Libretto aus Discretion verschweigt, strafweise auf Reisen [3]
0239geschickt; ein Thema, aus dem wol eine Reihe lustiger
0240Abenteuer und Verwicklungen hervorgehen konnte. Allein
0241dem Textdichter will durchaus nichts einfallen — oder stellt
0242er sich nur so, um den Componisten, der sich in den
0243gleichen uninteressanten Umständen befindet, nicht zu
0244beschämen? Wir bekommen mit schrecklicher Ausführ-
0245lichkeit zu sehen, wie Amor von tanzenden Mücken
0246gestochen, dann von Brieftauben umflattert wird, worauf er
0247ein zerbrochenes Wagenrad und ein zerbrochenes Pfeffer-
0248kuchenherz reparirt. Natürlich verschießt er auch etliche von
0249seinen berühmten Pfeilen. Ein blonder Jüngling und eine
0250brünette Jungfrau sinken sich liebeglühend in die Arme, und
0251wir wähnen, daß damit Alles zu Ende und gut ausgegangen
0252sei. Ausgegangen ist aber nur dem Textdichter der Faden;
0253in seiner Rathlosigkeit bringt er statt einer Fortsetzung der
0254Handlung eine „Allegorie“. An diese zweite Abtheilung ist
0255die denkbar glänzendste Ausstattung gewendet worden; die
0256blendendsten Decorationen, die farbenprächtigsten Costüme,
0257das Alles überfluthet vom elektrischen Licht. Da sehen wir
0258zunächst die Neuvermälten am Traualtar; sie haben ein
0259sehr gründliches „Myrten- und Schleier-Ballabile“ zu über-
0260stehen, ehe sie ihr „Entin seuls!“ lispeln können. Wir
0261müssen hierauf 25 Jahre überspringen oder übertanzen, um
0262uns im nächsten Bilde an der silbernen Hochzeit des zärt-
0263lichen Paares erbauen zu können. Das folgende Bild heißt
0264„Nach 50 Jahren“ und zeigt uns die beiden Alten, mit
0265goldenen Kränzen geschmückt, in jämmerlicher Entkräftung
0266eine Rasenbank aufsuchen, wo sie auch sterben. Und nun
0267ereignet sich das Unglaubliche. „Der irdischen Hülle ledig,“
0268wie das Textbuch versichert, schweben ihre beiden Herzen
0269vereint zum Himmel empor! Es sind dies zwei veritable
0270plumpe rothe Herzen, wie man sie auf dem Jahrmarkte
0271kauft; fehlt nur der Papierstreif mit der Devise: „Aus
0272Achtung!“ Weiter kann die Geschmacklosigkeit nicht mehr
0273gehen. Das scheint auch Amor zu fühlen, denn er nimmt
0274schleunigst sein Ränzel auf und setzt auf einem colossalen Luft-
0275ballon seine Reise fort. Vielleicht erlebt das verschmitzte Kind da
0276etwas Interessantes. Nur unter diesem ausdrücklichen Vor-
0277behalt könnten wir uns an den Gedanken eines Wiedersehens
0278allmälig gewöhnen.