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Neue Freie Presse
Morgenblatt
Nr. 2360. Wien, Mittwoch, den 22. März 1871

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Die Prinzessin von Trapezunt“.

Komische Operette in 3 Acten von Offenbach.


0003Ed. H. Es ist eine der ergötzlichsten Possen, welche sich
0004unter obigem Titel allabendlich im Carltheater abspielt. Ein
0005Schwank mit echt komischen Figuren und drolligsten Situatio-
0006nen, ohne jenen fieberhaften Betrieb von Wortwitzen und
0007politischen Anspielungen, womit unsere einheimischen Possen
0008uns nachgerade aus dem Theater jagen. Ja, das war wie-
0009der das alte, ungezwungene, gesunde Lachen im ganzen Hause
0010— die immer seltener werdende beste Kritik einer Posse! So
0011harmlos die Handlung auch sei und so toll manche Scene
0012dieser „Prinzessin von Trapezunt“, es ist doch nicht barer,
0013haltlos in der Luft zappelnder Unsinn, was den Inhalt des
0014Stückes bildet. Letzterer wurzelt vielmehr in einer recht glück-
0015lichen Grundidee: eine arme, fröhliche Seiltänzertruppe, welche
0016plötzlich zu Reichthum gelangt, aber die Sehnsucht nach dem
0017alten Vagabundentreiben nicht bezwingen kann. Eine morgen-
0018frische Realistik durchweht die Schilderung der Gauklertruppe,
0019welche wir beim Aufziehen des Vorhanges in Thätigkeit sehen.
0020Der Bajazzo Tremolini (Herr Eppich) haut in die große
0021Trommel. Die leichtgeschürzte Seiltänzerin Regina (Fräulein
0022Gallmeyer) und ihre centnerschwingende Tante mit der Feder-
0023krone (Frau Schäfer) rufen das Jahrmarkts-Publicum heran,
0024während der Principal Cabriolo (Herr Blasel) mit einem
0025langen Stecken auf die Abbildungen all der Wunder deutet,
0026welche das Innere seiner Wachsfiguren-Bude birgt. Da stürzt
0027sein Töchterchen Zanetta (Fräulein Meyerhoff) mit der
0028Schreckensnachricht heraus, sie habe der schönsten Wachsfigur,
0029der Prinzessin von Trapezunt, beim Abstauben die Nase abge-
0030schlagen! Sie weiß indessen Rath zu schaffen, zieht schnell das
0031Costüm der verstümmelten Figur an und paradirt selbst als
0032wächserne Prinzessin von Trapezunt. Mit außerordentlichem
0033Erfolge — denn der junge Prinz Raphael (Fräulein Tellheim)
0034verliebt sich zum Sterben in sie. Glücklicherweise findet ihn
0035da sein Hofmeister (Herr Knaack), ein komischer alter Kauz,
0036welcher fortwährend auf der Suche nach seinem Zöglinge er-
0037scheint und außerdem durch falsche Conjugationen und Decli-
0038nationen die größte Heiterkeit erregt. Gegenüber dem
0039Wachsfiguren-Cabinet soll eben eine schöne Villa ausgespielt
0040werden. Das Los, welches Prinz Raphael heimlich in die Sam-
0041melbüchse Cabriolo’s gesteckt, wird als Haupttreffer gezogen,
0042und die Seiltänzer wandern hochvergnügt auf ihr neues Schloß,
0043jedoch nicht ohne die geliebten Wachsfiguren mitzunehmen.
0044Wir sehen im zweiten Acte Cabriolo sammt Familie, mit
0045lächerlicher Eleganz ausstaffirt, in seinem Schloßgarten. Trotz
0046des Ueberflusses langweilen sich die guten Leutchen entsetzlich.
0047„Glaubst du, Papa,“ sagt Regina zu dem sich auf den Ca-
0048valier spielenden Alten, „ich hätte es nicht bemerkt, wie du
0049Nachts in den Garten schleichst, um Purzelbäume zu schla-
0050gen? Und bist du nicht erst gestern auf die zum Wäschetrock-
0051nen aufgespannten Stricke geklettert und hast dann in der
0052Küche heimlich Feuer gefressen?“ Papa kann nicht leugnen;
0053aber die Eitelkeit, sich nobel und standesgemäß zu benehmen,
0054behält die Oberhand. Da geräth Prinz Raphael (mit seinem
0055Vater und Hofmeister auf der Jagd begriffen) in den Park
0056Cabriolo’s und erkennt in Zanetta seine angebetete „Prin-
0057zessin“ vom Jahrmarkte. Schlau genug ist er, seinen Vater,
0058einen lächerlichen kleinen Despoten, bei dem Glauben zu lassen,
0059er strebe nur nach dem Besitze der Wachsfigur. Fürst Casimir 
0060(Herr Matras), froh, seinen Sohn in so harmlosen Wünschen
0061befangen zu sehen, verlangt von Cabriolo die Ausfolgung der
0062Wachsfigur, und da weder Bitten noch Drohungen fruchten,
0063nimmt er die ganze neugeadelte Gauklertruppe sammt ihrem
0064Kunstcabinet an seinen Hof. Dort weiß Prinz Raphael nach
0065dem Recepte aufgefundener alter Tagebücher seines Vaters
0066seine Umgebung regelmäßig zu überlisten, läßt sich ruhig ob
0067seiner Wachsfiguren-Liebe verspotten und kost überglücklich mit
0068dem Original. Eines Tages überrascht der Fürst, unvermuthet
0069von einem Ausfluge zurückkehrend, den Prinzen mit der gan-
0070zen Kunstreiter-Familie bei einem lustigen Souper. Da es
0071an den Tag gekommen, daß der durchlauchtige Casimir vor-
0072dem selbst mit einer Kunstreiterin heimlich verheiratet gewesen,
0073hindert er nicht länger die Vereinigung seines Sohnes mit
0074der lebendigen „Prinzessin von Trapezunt“. Auch Tremolini 
0075erhält endlich seine langumworbene Regina, und so schließt
0076das Stück mit einer Doppelheirat zu allseitiger Zufriedenheit.


0077Die komischen Figuren und Situationen der Operette,
0078allerdings mit dem derben Pinsel des Caricaturen-Malers
0079colorirt, erreichen ihren Zweck, den Zuschauer in unausgesetz-
0080ter Lustigkeit zu erhalten, ohne irgendwie das Gebiet des
0081Zweideutigen oder Unschicklichen zu streifen. Die Musik zu
0082diesem Libretto ist gut Offenbachisch, d. h. munter, pikant,
0083melodienreich, hier und dort etwas seicht oder banal, dann
0084wieder geistreich und distinguirt. An musikalischer Fülle und
0085Originalität erreicht die „Prinzessin von Trapezunt“ zwar
0086nicht den „Orpheus“, die „Schöne Helena“, das „Pariser
0087Leben“, aber in ihrem Total-Effecte steht sie hinter Offen-
0088bach’s wirksamsten Stücken kaum zurück. Es ist erstaunlich,
0089daß der Mann, welcher seit 20 Jahren über ein Halbhundert
0090Singspiele geliefert, sich noch nicht erschöpft hat. Freilich
0091wird aus dieser beispiellosen Thätigkeit auch begreiflich, daß
0092seine Musik mit jedem neuen Werke uns bekannter vorkommt.
0093Auch in der „Prinzessin“ fehlt es nicht an Nachklängen frü-
0094herer Melodien; doch ist es immer er selbst, bei dem Offen-
0095bach entlehnt, was er braucht. Seine Musik hat ihr eigenes
0096„Cachet“, ihr unverkennbares Gepräge. Die Mache ist von
0097außerordentlicher Geschicklichkeit, Alles genau passend in Form
0098und Ausdruck, fein und discret in der Ausführung. Ein echt
0099Offenbach’scher, diese Novität besonders auszeichnender Vorzug
0100besteht in der Natürlichkeit und Ungezwungenheit, womit die
0101meisten Musikstücke aus der Situation fließen und, ohne sich
0102ungebührlich breitzumachen, wieder in die Handlung einmünden.
0103Diese bescheidene Enthaltsamkeit des Componisten gegenüber
0104der Handlung bezeugen unter Anderem zwei kleine Chöre.
0105Zuerst ein Jägerchor von frischer, dabei nobler Haltung im
0106zweiten Acte, der nach kurzen Strophen abgeht, ohne die
0107Scene länger als zwei Minuten aufgehalten zu haben. Wie
0108viel deutsche Singspiel-Componisten gibt es wol, die es über
0109sich brächten, einen Jägerchor vor einer guten Viertelstunde zu
0110entlassen, wenn sie ihn einmal auf der Bühne haben? Noch
0111discreter verfährt Offenbach mit der „Ronde“ der Pagen im
0112dritten Act, einem durchaus pianissimo gehaltenen Frauenchor,
0113welcher fast unmerklich wie ein Bild aus der Zauberlaterne
0114kommt und verschwindet. Kaum wird der Hörer inne, daß
0115da ein reizendes Musikstück angefangen habe, so ist es auch
0116schon zu Ende. Es gereicht dem Componisten, zugleich aber [2]
0117auch dem Publicum des Carltheaters zum Lobe, daß diese
0118feine Filigran-Arbeit mehr gefiel, als selbst die rauschendsten
0119Glanznummern der Operette. Die Pagen-Ronde mußte
0120dreimal gesungen werden. Unter den 22 bis 24 Musikstücken
0121der „Prinzessin von Trapezunt“ sind natürlich nicht alle
0122gleichen Werthes; aber kein einziges ist mißlungen, störend
0123oder aus dem Styl des Ganzen fallend. Zu den besten
0124zählen wir (außer den erwähnten zwei Chören) Zanetta’s
0125Couplets mit dem hübschen Refrain: „J’ai cassé le nez,“
0126und Regina’s Lied: „Quand je suis sur la corde raide“ im
0127ersten Act. Im zweiten Act das Buffo-Quartett mit dem von
0128Violoncell und Fagott glücklich imitirten Tellerrollen, die aller-
0129liebsten Couplets von der Wachsfigur,*) das Liebesduett
0140zwischen Raphael und Zanetta (bis auf das etwas trivial
0141aufschnalzende Schluß-Allegro: „Ah! c’est vrai!“) und die
0142sogenannten „Couplets de la canne“ des Fürsten Casimir 
0143mit der hübschen obligaten Fagottfigur im zweiten Theil. Der
0144dritte Act bringt eine zart empfundene Romanze des Prinzen 
0145(„Oui, j’aime et suis aimé“), das pikante Entführungs-Duett
0146zwischen Regina und Tremolini, endlich einen wie Champagner
0147perlenden Galopp. Andere Nummern, welche, auf ihre rein
0148musikalische Erfindung angesehen, geringfügiger erscheinen, ge-
0149winnen durch das Drastische der Situation und die dankbare
0150Aufführung einen überraschenden Effect, wie z. B. das Lebe-
0151wohl der Seiltänzertruppe im Bänkelsängerton, das Trinklied
0152im dritten Act, die Couplets von der „Prinzessin von Trape-
0153zunt“ mit Chor-Refrain im ersten Act und Anderes.


0154Mag man nun an jeder einzelnen dieser Nummern mehr
0155oder weniger Gefallen finden, die Hauptsache bleibt, daß ein
0156gleichmäßiger Zug lebensfrohen Behagens, bald muthwilliger, 
0157bald zärtlicher Heiterkeit das Ganze harmonisch durchströmt
0158und daß hier glücklichste melodiöse Erfindung im Bunde mit
0159einer durchwegs sicheren, ausgebildeten Technik erscheint. Wer
0160eine Vorstellung davon hat, wie schwer das Leichte in der
0161Musik ist, wer überhaupt nur musikalisches Verständniß für
0162das Genre des komischen Singspieles besitzt, der hütet sich
0163wohl, in die hochmüthige Parole einzustimmen, welche Offen-
0164bach
kurzweg als den „musikalischen Ausdruck des ver-
0165kommenen zweiten Kaiserreiches, der cancanirenden Pariser
0166Liederlichkeit“ und wie diese schiefen „culturhistorischen“
0167Phrasen sonst heißen, abgethan glaubt. Offenbach hat ein
0168Recht, vom künstlerischen Standpunkt beurtheilt und gewür-
0169digt zu sein, und seine Operetten, welche dem verständigen Berlin,
0170dem sittigen Dresden und dem frommen Innsbruck ebenso wohl ge-
0171fallen wie dem „lasterhaften“ Paris, dürften das zweite Kaiser-
0172reich und vielleicht auch die dritte Republik beträchtlich überleben.
0173Es fällt uns schwer, hier zu erwähnen, und doch noch schwe-
0174rer, zu verschweigen, wie gehässig ungerecht ein großer Theil
0175der Wiener Kritik ohne allen Anlaß, nämlich aus Anlaß der
0176Strauß’schen Operette „Indigo“, die lange, erfolgreiche
0177Thätigkeit Offenbach’s herabgezogen hat. Offenbach sei nun
0178übertroffen und vollständig abgethan, wir haben ja den „In-
0179digo“, haben in Strauß einen viel besseren Offenbach, einen
0180Wiener Offenbach! Der autochthone Jubel, der bei der ersten
0181Vorstellung von „Indigo“ losbrach, ist aus local-patriotischen
0182Gründen begreiflich; vom objectiven, künstlerischen Stand-
0183punkte ist er es kaum. Unbillig wäre es uns erschienen, bei
0184Besprechung dieses ersten Opernversuches eines auf anderem
0185Gebiete so hochgeschätzten Musikers eine Vergleichung mit
0186Offenbach auch nur anzudeuten: wie soll man es vollends
0187nennen, wenn Kritiker diese Vergleichung zum Nachtheile, ja
0188zum förmlichen Hohne Offenbach’s an die Spitze ihrer In-
0189digo-Schönfärbereien stellten? Eine Vergleichung beider Com-
0190ponisten ist überhaupt nur in dem Sinne möglich,
0191daß man allenfalls sagt: Offenbach sei auf dem Ge-
0192biete der Operette, was Strauß in der Tanzmusik. Aber
0193den angehenden Opern-Componisten Strauß auf Grund seines
0194Indigo“ neben oder gar über Offenbach zu placiren, das
0195vermag nur ein kindlich gewordener Kirchturm-Patriotismus. 
0196Die nächste Zukunft wird uns über die Erfolge „Indigo’s“ auf
0197außerösterreichischen Bühnen und über dessen Lebensdauer in
0198Wien selbst belehren; wie immer jedoch diese Belehrung aus-
0199fallen möge, das Eine muß jedem Musiker schon heute gewiß
0200sein, daß nur ein bedauerlicher Mangel an Urtheilskraft oder
0201an Aufrichtigkeit den weiten Abstand zwischen „Indigo“ und den
0202Offenbach’schen Operetten zu übersehen vermag. Wären übrigens
0203jene Kritiken wirklich der Ausdruck der öffentlichen Meinung
0204gewesen, die „Prinzessin von Trapezunt“ hätte so unmittelbar
0205auf den glorreichen „Indigo“ durchfallen müssen. Das
0206Gegentheil geschah, und Offenbach’s Novität feierte im Carl-
0207theater einen Triumph, den nicht persönliche Schmeichelei,
0208sondern das allgemeine, wahre Ergötzen an dem Werke
0209hervorrief.


0210An diesem glänzenden Erfolge hatte die vortreffliche Auf-
0211führung einen bedeutenden Antheil. Fräulein Caroline Tell-
0212heim
vom k. k. Hofoperntheater feierte in der Rolle des
0213Prinz Raphael ihren Eintritt ins Carltheater — ihren
0214Wiedereintritt eigentlich, denn auf dieser Bühne war es, wo
0215die junge Sängerin vor zehn Jahren in einer Spieloper
0216zuerst Aufsehen machte. Im Hofoperntheater wirkte Fräulein
0217Tellheim mit Glück in zahlreichen Rollen kleinen zierlichen
0218Styles. Das Repertoire des neuen Opernhauses bot wenig
0219Spielraum für ihre Individualität, und seit dem Engagement
0220von Fräulein Boschetti wurde Fräulein Tellheim noch
0221viel seltener beschäftigt. Kein Wunder, wenn Fräulein Tell-
0222heim sich nach einem ihr zusagenderen, bewegteren Wirkungs-
0223kreise sehnte und nun zu ihrem ursprünglichen Ausgangspunkte
0224zurückgekehrt ist. Welch schätzbarer Erwerb diese Sängerin
0225für das Carltheater zu werden verspricht, hat sie bereits mit
0226ihrem Prinz Raphael bewiesen, einer umfangreichen Partie,
0227die sie erst wenige Tage vor der Vorstellung übernahm und
0228sehr niedlich durchführte. Ein ergiebiger Regen von Kränzen und
0229Blumensträußen offenbarte Fräulein Tellheim, daß es ihr an
0230lebhaften Sympathien für ihre neue Carrière nicht fehle.
0231Mit außerordentlichem Effect spielte Fräulein Gallmeyer 
0232die Seiltänzerin Regina; auch als Sängerin hatte sie sehr
0233glückliche Momente, aus welchen wir beispielsweise die feine
0234Accentuirung des Refrains „Kannst du das nicht“ in den [3]
0235ersten Couplets hervorheben. Wie das energische und originelle
0236Talent dieser Künstlerin einer jeden Rolle (oft recht schlechten)
0237zur unverhofften Bereicherung gedeiht, so muß man es an-
0238dererseits auch hinnehmen, wenn der spanische Pfeffer ihrer
0239Satyre manchmal auf unschuldige Stellen fällt, wohin der Dich-
0240ter sie kaum gewünscht hat. Solch scharfes Gewürz übertrug
0241auch Fräulein Gallmeyer aus der Wiener Localposse auf die
0242vom Autor viel gutmüthiger angelegte Regina; allerdings
0243that sie es mit so drastischer Wirkung, daß sie vor Applaus
0244oft kaum zu Worte kommen konnte. Fräulein Meyerhoff,
0245durch ihre wohlklingende Stimme und musterhaft deutliche
0246Aussprache eine Zierde jedes Singspieles, war eine sehr liebens-
0247würdige Zanetta. Auch Frau Schäfer füllte mit ihrem
0248derben Humor die Rolle der komischen „Alten“ vortrefflich aus.
0249Eine ausgezeichnete Figur schuf Herr Blasel aus dem
0250Principal Cabriolo; schon durch seine aus lauter Turner-
0251Reminiscenzen componirten Bewegungen und seine treffliche
0252Maske wurde er zum Prototyp dieser interessanten Menschen-
0253classe. Sein von einem Goldreif zusammengehaltenes grau-
0254blondes, am Scheitel spärliches, im Nacken aber noch male-
0255risch gelocktes Haar, sein kokettes schwarzes Lippenbärtchen,
0256sein schäbig glänzendes Flittercostüm — das Alles erinnerte
0257lebhaft an Knaus’ prächtigen Taschenspieler in der schwäbi-
0258schen Scheune. Ein würdiges Seitenstück zu dieser Figur
0259liefert Knaack als Hofmeister des Prinzen Raphael. Selten
0260haben wir diesen vortrefflichen Schauspieler eine so unwider-
0261stehliche Komik entfalten sehen. Der ärgste Hypochonder muß
0262sich vor Lachen schütteln, wenn Herr Knaack im dritten Act
0263sich als Wachsfigur mit der Trommel auf ein Postament
0264stellt und mit der eigenthümlichen ruckweisen Behendigkeit der
0265Automaten sein Instrument behandelt. Sehr verdienstlich
0266wirkten auch Herr Matras als Casimir und Herr Eppich 
0267als Tremolini. Fügen wir noch zum Ueberfluß hinzu,
0268daß diese vortrefflichen Einzelleistungen durch das unvergleich-
0269lich schlagfertige Zusammenspiel verbunden waren, welches
0270Ascher’s Theater auszeichnet, so dürfte wol nichts vergessen
0271sein, was zu dem großen Erfolg der „Prinzessin von Trape-
0272zunt“ beigetragen hat.

Fußnoten
  • *)Die im Ganzen vortreffliche Uebersetzung nimmt sich hier doch
    zu viel Freiheit, wenn sie den Refrain: „Elle dit: Papa, Mama, si
    gentilment“ mit den Worten wiedergibt: „Sie sagt: Papa, Mama
    und tanzt Cancan!“ Dies kleine Beispiel zeigt, wie leicht ein
    fremdartiger Ton durch die Uebersetzung in die ursprüngliche Weise
    geräth. Dies soll uns nicht hindern, die außerordentliche Geschicklich-
    keit anzuerkennen, welche Herr Capellmeister Julius Hopp neuerdings
    in der Uebertragung der „Princesse de Trébisonde“ (wie schon früher
    im „Kakadu“ etc.) bewährt hat. Er hat in diesem schwierigen Fache
    keinen Rivalen zu scheuen.