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Neue Freie Presse
Morgenblatt
Nr. 3369. Wien, Sonntag, den 11. Januar 1874

[1]

Genovefa“.

Oper in vier Acten von Robert Schumann. (Erste Aufführung im Hofopern-theater am 8. Januar 1874.)


0004Ed. H. Aus einem ganzen Haufen von projectirten
0005Opernstoffen hatte Schumann gerade einen der unpraktischesten
0006zur wirklichen Ausführung gewählt: die „Genovefa“. Das
0007entsprach dem Romantiker in Schumann; deutsch-mittelalteriges
0008Wesen, christliche Frömmigkeit, mystische Wunder, endlich
0009sogar Anklänge ans Volkslied — alle vier Elemente der
0010deutschen Romantik treffen hier zusammen. „Nach Tieck 
0011und Hebbel,“ heißt es auf dem Titelblatte des Textbuches;
0012thatsächlich hielt sich Schumann ungleich weniger an Tieck’s
0013Gedicht, als an Hebbel’s Drama, dem nicht nur im All-
0014gemeinen die Disposition (natürlich mit dem von Hebbel 
0015später zugefügten glücklichen Ausgang), sondern auch zahl-
0016reiche Textstellen wörtlich entnommen sind — nicht zum Vor-
0017theil der Oper, welche mehr musikalisches Element in Tieck’s 
0018Genovefa“ vorgefunden hätte. Welch schönes Motiv liegt
0019nicht in jenem Trauerliede unglücklicher Liebe: „Dicht von
0020Felsen eingeschlossen“, welches bei Tieck gleich anfangs von
0021zwei Hirten dem Golo vorgesungen wird und prophetisch
0022sein Schicksal verkündet, ihn durch alle Stadien seiner bis
0023zur Raserei auflodernden Leidenschaft und seiner Verbrechen
0024begleitet bis zu seinem versöhnenden Tode. Schumann mochte
0025sich vor der Banalität des „rothen Fadens“ gescheut haben;
0026aber es kommt doch sehr viel darauf an, von wem und aus
0027welchem Musikstoffe solcher Faden gesponnen wird. Begreif-
0028licherweise fiel der Bühnenrücksicht auch zum Opfer, was an
0029der Genovefa-Legende das Rührendste und Poetischeste ist:
0030der Aufenthalt der von den Mördern verschonten Genovefa 
0031in tiefer Waldeinsamkeit, wo sie sieben Jahre lang mit dem
0032kleinen Schmerzenreich und der Hirschkuh lebt, bis ihr von Reue
0033und Schwermuth gefolterter Gemal auf einer Jagd zufällig die
0034Todtgeglaubte entdeckt und überglücklich auf sein Schloß zurück-
0035führt. Schumann’s Textbuch ist dürftig und interesselos, nament-
0036lich in der Charakteristik der Hauptpersonen; ohne die legen-
0037denhafte Verklärung Tieck’s und ohne die scharfe psycholo
0038gische Motivirung Hebbel’s wird hier Golo zum gewöhnlichen
0039Theaterschuft, Genovefa zur langweiligsten Dulderin, Graf
0040Siegfried zum hilflosen Schwachkopf. Tieck’s alte Versucherin
0041Gertrud und Hebbel’s böses Schwesternpaar hat Schumann 
0042in Eine Solohexe, Margarethe, zusammengeschmolzen, die
0043sich nicht merklich von ihren zahlreichen Operncolleginnen
0044unterscheidet. Widerwärtige Vorgänge aus Hebbel’s Drama 
0045wiederholen sich genau in der Oper mit noch abstoßenderer
0046Wirkung, z. B. die Scene, wo das Burggesindel in Geno-
0047vefa’s Schlafzimmer dringt, den unschuldigen alten Drago 
0048herauszerrt und tödtet, schließlich die Pfalzgräfin unter wüstem
0049Halloh davonschleppt. Die Lösung ist gewaltsam überstürzt:
0050kaum hat Siegfried den Golo zur Tödtung Genovefa’s abge-
0051schickt, als er auch schon, geführt von der reumüthigen Hexe,
0052im Walde ankommt, um Genovefa zu retten. Mit diesem
0053Wiederfinden im Walde — wir müssen lange genug darin
0054verweilen — könnte die Oper füglich schließen; aber die
0055Scene wird nochmals verwandelt, um die Ankunft der Ge-
0056retteten auf der Burg unter Choralklängen und Glocken-
0057läuten zu feiern.


0058Zu diesem Textbuche hat Schumann eine Musik ge-
0059schrieben, die, von keuscher Empfindung durchdrungen, von
0060edlem Ausdruck getragen, vor Allem danach strebt, mit unbe-
0061stechlicher Treue das Wort des Dichters zu interpretiren.
0062Leider krankt seine Musik an dem Einen unheilbaren Uebel,
0063undramatisch zu sein. Schumann’s ganze Natur, auf ein
0064tief innerliches Arbeiten und ein höchst subjectives, bis
0065zur Grübelei verfeinertes Empfinden gestellt, war
0066undramatisch, unfähig, sich an die Charaktere eines
0067Dramas so zu entäußern, daß diese als lebendige, scharf
0068ausgeprägte Personen vor uns stehen und gehen. Alle Cha-
0069raktere in der „Genovefa“ und deren verschiedenste Seelen-
0070zustände erblicken wir gleichmäßig gefärbt durch das Prisma
0071der Schumann’schen Subjectivität. Nehmen wir beispielsweise
0072Golo heraus, die treibende Kraft des Ganzen. Wie ärmlich
0073flackert in seinem Gesang die Liebesgluth die in heller Lohe
0074aufschlagen soll! Mit welcher matten Beschaulichkeit raubt
0075er der schlafenden Genovefa den Kuß — bei Hebbel eine
0076Scene von so glühender Sinnlichkeit, daß die Luft wie vom
0077Samum zu erzittern scheint. Nun hat Golo mit Genovefa 
0078noch zwei Duette (im zweiten und im vierten Act), die jedem
0079echt dramatischen Componisten die feurigsten Melodien ab-
0080gepreßt und ihn außerdem gedrängt hätten, beide Scenen
0081durch außerordentliche Steigerung und charakteristischen Gegen-
0082satz auseinanderzuhalten. Bei Schumann erscheint die erste
0083kühne Liebeswerbung Golo’s und seine verzweifelte letzte in
0084demselben trüben Dämmerlicht und declamatorischen Zickzack.
0085Es ließen sich ohne Schaden ganze lange Stellen aus Golo’s
0086oder Siegfried’s Rolle in jene Genovefa’s übertragen und
0087umgekehrt, so gleichmäßig ist die Behandlung. Man hört
0088diesen Mangel meistens durch den Ausspruch erklären, die
0089Musik zur „Genovefa“ sei zu lyrisch. Mehr lyrisch als dra-
0090matisch ist sie jedenfalls, aber für meine Empfindung nicht
0091einmal lyrisch genug, d. h. nicht hinreichend volles und
0092starkes Aussprechen des subjectiven Gefühls. Sie hat
0093vielmehr einen stark epischen Charakter und klingt
0094nicht wie das unmittelbare Erlebniß und Geständniß
0095Golo’s, Siegfried’s, Genovefa’s, sondern ungefähr als
0096wenn ein Erzähler diese Vorgänge schildern würde.
0097Es ist derselbe Gesangsstyl, in welchem in der „Peri“
0098oder „Pilgerfahrt“ erzählt wird. Dieser am unrechten Orte
0099eingenistete epische Ton ist die Ursache, warum wir in
0100Schumann’s „Genovefa“ fast nirgends die volle Anschaulich-
0101keit eines Vorganges, nirgends die niederzwingende Kraft
0102der Leidenschaft erleben. Die Personen dieser Oper haben
0103alle etwas eigenthümlich Gebundenes, Verhaltenes; ihr
0104Gesang überzeugt uns nicht, es ist, als suchten sie ihre
0105Freude und ihren Schmerz sich erst einzureden und an-
0106zusingen.


0107Auf Schumann’s „Genovefa“ paßt ein Bild, das ein-
0108mal Otto Ludwig in seiner Verurtheilung eines Hebbel’schen
0109Dramas gebraucht: „Wie eine Lavafluth schwerfällig unter
0110der im Laufe zu Schlackenmassen gerinnenden Decke wälzt
0111das Stück sich fort; immer gerinnt die Handlung unterwegs
0112zur Erzählung.“ In der Behandlung ist nichts ausgespart;
0113kein Anwachsen, keine Unterordnung, kein Ruhepunkt, keine
0114Beschleunigung. Und doch schrieb Schumann in wunderlicher
0115Selbsttäuschung an einen Freund, in seiner „Genovefa“ sei
0116„jeder Tact durch und durch dramatisch“. In wörtlichem
0117Sinne mag man das gelten lassen: jeder Tact für sich allein [2]
0118ist allenfalls dramatisch, könnte es wenigstens sein in an-
0119derer Umgebung, aber der einzelne Tact verschwindet in dem
0120Eindrucke des ganzen Musikstückes, des ganzen Actes, der
0121ganzen Oper. Der einzelne Tact! Das ist bei Schumann 
0122ein feiner Strich in einem Aquarellbild; man füge deren
0123noch so viele säuberlich an einander, sie bleiben wirkungslos
0124dort, wo al fresco gemalt werden muß.


0125Treten wir näher an die einzelnen musikalischen Fak-
0126toren der „Genovefa“-Musik, so gewahren wir an der Melodie
0127fast durchweg den Mangel an Plastik. Die gesungenen
0128Töne krystallisiren sich nicht zu einer festen, dem Hörer sich
0129einprägenden Gestalt. Man weiß aus „Der Rose Pilger-
0130fahrt“ und anderen Schumann’schen Cantaten, wie sehr das
0131ununterbrochene Gewinsel eines halb recitativischen, halb me-
0132lodiösen Arioso den Hörer erschlafft; in der Oper wird diese
0133Wirkung noch fühlbarer als im Concertsaal. Noch auf-
0134fallender ist die Dürftigkeit der Rhythmik: fast durchweg
0135zweitheilige Tact-Arten und Rhythmen. Wo man die Parti-
0136tur aufschlägt, erblickt man in den Singstimmen Reihenfol-
0137gen von gleichen oder gleichmäßig getheilten Notenwerthen,
0138meistens Viertel; schon der äußere Anblick befremdet durch
0139den Mangel an wechselnden Notengruppen und rhythmischen
0140Contrasten. Mit Ausnahme des flüchtig hereindringenden
0141Trinkchors im zweiten Act ist Siegfried’s Arie: „Nun blicke
0142ich wieder“ das einzige Stück von lebhaftem, markirtem
0143Rhythmus. Auch dieses hat, wie die meisten Musikstücke der
0144Oper, keinen förmlichen Abschluß; sie endigen fast alle ton-
0145los abbrechend aus tieferen Noten, oft auf dem Dominant-
0146Accord, als verschwinde der Sänger unversehens in einer
0147Falte des weit aufgebauschten Orchesters. Letzteres herrscht
0148allenthalben vor und erstickt leider durch seine wogende Un-
0149ruhe die feine Malerei des „einzelnen Tactes“. Wir sind
0150heutzutage an das zudringlichste Orchester gewöhnt und be-
0151freunden uns damit, wenn es nur weise Licht und Schatten
0152vertheilt; Schumann’s Orchester verbreitet aber einen gleich-
0153mäßig fahlen Nebel, der, bald leichter, bald dichter, doch
0154nur selten ganz freien Ausblick gestattet. Daß Schumann 
0155vorwiegend gewöhnt war, instrumental, in absoluter Musik,
0156zu denken, verrathen auch die Gesangspartien in der „Ge-
0157novefa“, welche, vom Text abgezogen, oft klingen wie Stücke 
0158aus einem Quartett oder einer Symphonie. Das werthvollste
0159Stück der Oper ist auch dasjenige, was mit der Scene gar
0160nichts zu thun hat: die Ouvertüre. Unter den Gesangs-
0161nummern geben wir dem zweistimmigen Volkslied: „Wenn
0162ich ein Vöglein wär’“ unbedenklich den Preis. Wie wohl-
0163thuend wirkt dieser herzliche, ungekünstelte Gesang! Ein so
0164rein und schön musikalischer Moment wie dieser kommt in
0165der „Genovefa“ kein zweitesmal vor. Doch ist gleich darauf
0166die Arie Siegfried’s zu nennen, in welcher ein fröhliches,
0167warmes Blut pulsirt. Außerdem dürfte nur noch der erste
0168Kreuzfahrerchor und Einiges aus der Hexenscene im dritten
0169Acte an Schumann’s beste Zeit erinnern. Bei aller Ver-
0170ehrung für Schumann, ja gerade aus wahrer, gefühlter Ver-
0171ehrung für Schumann kann ich dem Urtheil seines Biographen
0172Wasielewski nicht beistimmen, daß die Musik zur „Genovefa“
0173„einen seltenen Reichthum an schöpferischer Kraft offenbart“.
0174Ich finde in diesem Werke, ganz abgesehen von seinen drama-
0175tischen oder undramatischen Eigenschaften, ein entschiedenes
0176Erlahmen von schöpferischer Kraft und kann dasselbe als
0177rein musikalische Erfindung in keinem Betracht seinen früher
0178erschienenen herrlichen Quartetten, Symphonien, Clavier-
0179stücken und Liedern gleichstellen. Wäre „Genovefa“ blos un-
0180dramatisch, aber sonst mit dem ganzen zauberischen Reich-
0181thum Schumann’scher Erfindung ausgestattet, sie würde, wenn
0182nicht auf allen Bühnen, doch gewiß in jedem Concertsaal,
0183in jedem Hause gesungen werden. Aber „Genovefa“ trägt
0184schon merklich die grübelnden, zerstreuten, gramseligen Züge
0185von Schumann’s dritter Periode; bis in das Detail der
0186überwuchernden Vorhalte, Synkopen, Orgelpunkte und der
0187kraftlos gewordenen Rhythmik und Melodik lassen sie sich
0188nachweisen. Freilich auch daneben eine Unzahl kleiner genia-
0189ler Charakterzüge, die aber in der Partitur meist wirkungs-
0190los verathmen.


0191Während die Opern von specifisch dramatischen Talen-
0192ten uns häufig bei der Aufführung durch Effecte über-
0193raschen, welche man aus den Noten kaum prophezeit hätte,
0194verspricht die Partitur der „Genovefa“ dem Leser hie und
0195da Wirkungen, die dann thatsächlich ausbleiben. So dachte
0196ich mir, um nur Ein Beispiel anzuführen, den Kriegerchor
0197„Karl Martell“ im ersten Act als eine effectvollere Num
0198mer; aber durch die anhaltend tiefe Lage der Tenorstimme
0199verblaßt das Ganze wirkungslos. Unzählige seine Inten-
0200tionen mögen in dieser Partitur stecken, aber sie kommen
0201nicht heraus. Wie viele französische und italienische Opern-
0202Componisten, die künstlerisch tief unter Schumann stehen,
0203schreiben bessere Opern! Was sie hinschreiben und beab-
0204sichtigen, das kommt eben auch heraus.


0205Ein besonders kunsthistorisches Interesse erregt Schu-
0206mann’s „Genovefa“ durch ihren Zusammenhang mit Richard
0207Wagner’s Principien. Daß Schumann, abgesehen von dieser
0208alleinigen Ausnahme, nicht den „Zukunftsmusikern“ beizuzählen
0209sei (wie ich vor zwanzig Jahren so oft zu beweisen veranlaßt
0210war), das ist wol heute, wo seine Instrumentalwerke sowie
0211seine Aussprüche gegen Programm-Musik etc. allgemein ver-
0212breitet sind , als angenommen zu betrachten. Allein in der
0213Genovefa“ gravitirt er unverkennbar gegen Wagner hin:
0214durch den declamatorischen Charakter des Gesanges, durch die
0215Auflösung der traditionellen festen Musikformen, endlich
0216durch die selbstständige Führung des Orchesters. In allen
0217diesen Punkten geht „Genovefa“ in ihrer Art einen Schritt
0218weiter als „Tannhäuser“, aber lange nicht so weit als
0219Tristan“ oder die „Meistersinger“. Dieses Zusammen-
0220treffen ist kein zufälliges oder rein ideelles; eine directe
0221Einwirkung Wagner’scher Musik hat mindestens beigetragen.
0222Lebhaft erinnere ich mich des Abends, wo ich im Sommer
02231846 mit Schumann und seiner Frau den „Tannhäuser“
0224unter Richard Wagner’s Leitung im Dresdener Hoftheater
0225hörte. Schumann, den ich Tags vorher bei der Lectüre der
0226Tannhäuser“-Partitur angetroffen, verfolgte die Auffüh-
0227rung mit gespannter Aufmerksamkeit, fand zwar die Musik
0228hin und wieder „gering“ oder „gemein“, lobte aber mit
0229Wärme die „Behandlung des Dramatischen“. Gerade zwei
0230Jahre später (August 1848) vollendete er seine „Genovefa“.
0231Die fundamentale Verschiedenheit seiner Begabung von
0232jener Wagner’s schien ihm somit nicht allzusehr aufzufal-
0233len, und doch muß jeder Unbefangene nach den ersten
0234Nummern des „Tannhäuser“ und der „Genovefa“ im
0235Klaren darüber sein, daß Wagner ein eminent dramatisches
0236Talent ist und Schumann das Gegentheil. Man kann ein
0237genialer Tondichter sein und doch der Bühne zeitlebens [3]
0238fremd bleiben. Schätzen wir uns glücklich und preisen
0239Schumann, daß er durch den unerschöpflich reichen Schatz
0240seiner Gaben auch ohne die „Genovefa“ uns der ganze
0241und echte Schumann bleibt, den die Nation für immer
0242fest an ihr Herz geschlossen.


0243Trotz aller Zweifel an der theatralischen Lebensfähigkeit
0244der „Genovefa“ schulden wir der Direction des Hofopern-
0245theaters die aufrichtigste und wärmste Anerkennung dafür,
0246daß sie mit vollem Bewußtsein von dem mäßigen Effect der
0247Oper dieselbe zur Aufführung brachte, um eine Ehrenschuld
0248gegen Schumann einzulösen. Wien, das sich seit Jahren
0249durch einen so lebhaften Schumann-Cultus auszeichnet, hatte
0250guten Anspruch, auch die einzige Oper des theuren Meisters
0251kennen zu lernen. Es gereicht Herrn Director Herbeck zur
0252Ehre, daß er das Werk mit einer Sorgfalt vorbereitete und
0253mit einer Pracht ausstattete, wie sie schwerlich ein zweites
0254Theater erreichen wird. Wenn sich „Genovefa“ in Wien 
0255länger als anderswo auf dem Repertoire erhält, so wird
0256sie es zum großen Theile dieser Aufführung und Ausstat-
0257tung verdanken. Von den vier Hauptrollen waren die zwei
0258weiblichen vortrefflich besetzt: Frau Dustmann sang und
0259spielte die Genovefa mit der ihr eigenen vollen Hingebung
0260und flocht damit ein neues Blatt in ihren reichen Lorbeerkranz
0261Frau Friedrich-Materna sah in ihrer charakteristischen
0262Maske als Margaretha prachtvoll aus und führte die schwie-
0263rige Rolle mit voller Energie durch. Nicht ganz auf gleicher
0264Hohe standen die Herren. Wir können Herrn Walter 
0265seine geringe Sympathie für die häkelige und undankbare
0266Rolle des Golo nicht verübeln; obendrein war er nicht bei
0267Stimme und auch nicht bei Spiel. Herr Scaria, überall
0268unschätzbar durch seine Stimmkraft und deutliche Aussprache,
0269verfiel als Siegfried leider in seine beiden bedenklichen Ge-
0270wohnheiten: das Uebertreiben der Tonstärke und das
0271Schleppen der Tempi. Sehr lobenswerth wirkten die Herren
0272Mayerhofer, Hablawetz, Draxler und Lay in
0273den kleineren Rollen mit. Besondere Anerkennung verdienen
0274schließlich die trefflichen Leistungen des Orchesters unter Herrn
0275Dessoff’s Leitung und jene der Decorations-Maler
0276Brioschi, Kautzky und Burghart.