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Neue Freie Presse
Morgenblatt
Nr. 9905. Wien, Dienstag, den 22. März 1892

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Concerte.


0002Ed. H. „Im Herbst“ betitelt Grieg eine Concert-
0003Ouvertüre, welche Sonntags von den Philharmonikern zum
0004erstenmale gespielt wurde. Sehr abgerundet in der Form,
0005klar und ansprechend, lehnt sie sich auffallend an Mendels-
0006sohn und Gade. Von einem kurzen Andante eingeleitet,
0007bringt das Allegro (D-moll) die eigentliche Herbstschilde-
0008rung. Recht stürmisches, trübes October-Wetter; das zweite
0009Thema von sanfter Wehmuth, etwa wie Geibel’s Verse:
0010Es rauscht das rothe Laub zu meinen Füßen.“ Die Durch-
0011führung wird sehr heftig im Moduliren, aber nirgends stockend
0012oder langweilig. Zum Schlusse ein volksthümliches, sehr
0013lärmendes Winzerfest. Das Stück scheint ein besonderer
0014Liebling Grieg’s, denn zwei andere Compositionen von ihm
0015— das Lied „Herbststurm“ und die zehn Jahre vor der Ouvertüre
0016veröffentlichte vierhändige Phantasie, op. 11 — sind in der
0017Hauptsache identisch mit der Ouvertüre. Nach längerer Zeit haben
0018wir mit großem Vergnügen die liebenswürdige E-moll-Serenade 
0019von Robert Fuchs wieder gehört, welche unter Hanns
0020Richter’s Leitung mit entzückender Feinheit gespielt wurde.
0021Sie wurde mit seltenem Beifalle, geradezu enthusiastisch auf-
0022genommen; das Publicum wollte das Allegretto durchaus
0023da capo haben und den Componisten dazu — Beides ver-
0024geblich. Eine Novität, „Venetianische Scenen“ für Clavier
0025und Orchester von Eugenio Pirani, wurde von dem Com-
0026ponisten, der ein virtuoser Clavierspieler ist, selbst vorge-
0027tragen. Die Composition, eigentlich ein Salon-Concertstück
0028mit ziemlich überflüssiger Orchester-Begleitung, enthält drei
0029Sätze: „Gondelfahrt“, „Im St. Marcusdom“ und „Letzte
0030Faschingsnacht“. Neues haben wir nicht darin entdeckt, weder
0031in den Melodien, noch in der Durchführung, noch in den
0032Clavierpassagen. Von jeder strengeren Anforderung absehend,
0033kann man diesen „Venetianischen Scenen“ immerhin zugestehen,
0034daß sie dankbar für den Spieler sind und stellenweise angenehm für
0035ein leicht befriedigtes Publicum. Letzteres hat denn auch Herrn
0036Pirani gerufen. Die Philharmoniker jedoch haben sich mit
0037der Annahme dieser Novität ein gefährliches Präjudiz ge-
0038schaffen. Schließlich hörten wir eine reizende Tondichtung
0039von alter Bekanntschaft und dennoch neuem Klang: Schu-
0040mann’s
 D-moll-Symphonie in ihrer ersten, ursprüng-
0041lichen Orchestrirung. Ihre Geschichte ist interessant genug.
0042Schumann hat die D-moll-Symphonie im Jahre 1841 unmittel-
0043bar nach seiner ersten geschrieben. Bei ihrer ersten Auf-
0044führung am 6. December 1841 im Leipziger Gewandhaus
0045hat sie nicht gefallen. Schumann in seiner echt deutschen Be-
0046scheidenheit suchte die Ursache des Mißerfolges nicht im
0047Publicum, sondern in seiner Arbeit und zog sie zurück.
0048„Es ist wol nichts daran,“ mochte er denken. Und
0049doch war sehr viel daran; Wunderschönes und obendrein
0050völlig Neues. Eine Symphonie, welche zum erstenmal
0051nicht auf Beethoven’s Spuren einhergeht, nicht Beethoven’-
0052schen Einfluß zeigt! In ihrer knappen Form und ihrem leicht-
0053geschürzten Gewand ist sie ebenso eigenthümlich, wie in ihrem
0054heiteren Glücksgefühl. Ein Frühlingsgenießen zieht wie Flieder-
0055duft durch dieses Werk, das nirgends bedeutend sein will
0056und es in seiner Art doch überall ist. Neu ist der innige
0057Zusammenhang aller vier Sätze, die auch nach Schu-
0058mann’s Vorschrift ohne Unterbrechung zu spielen sind. In
0059Mendelssohn’s A-moll-Symphonie hat die gleiche Vor-
0060schrift mehr einen äußerlichen, praktischen Sinn, denn ihre
0061Sätze hängen inhaltlich nicht zusammen. Bei Schumann 
0062stehen die einzelnen Sätze zu einander in engster Beziehung
0063durch ihre Themen; wie schön knüpft die Romanze an die
0064Introduction an, das Finale an den ersten Satz! Wie die
0065ganze Symphonie in Einem Fluß leicht fortströmt, so
0066denken wir sie uns auch entstanden. Schumann dürfte
0067sie wie ein Gedicht, wie einen Liebesbrief hingeschrieben
0068haben. Und dazu stimmte ganz einzig jene erste,
0069zartere Instrumentirung, die dem Meister später nicht ge-
0070nügen wollte. Als Musikdirector in Düsseldorf nahm Schu-
0071mann 1853 die weggelegte D-moll-Symphonie wieder zur
0072Hand mit neuem Vertrauen auf ihre Lebensfähigkeit. Er
0073fand jedoch die Instrumentirung zu dünn, zu wenig effect-
0074voll für das Düsseldorfer Orchester, dessen schwache Geigen
0075für die vielen nur den Violinen anvertrauten Stellen
0076nicht ausreichend schienen. Schumann verstärkte also die
0077Instrumentirung durch ausgiebige Beschäftigung der Bläser. 
0078Er that darin stellenweise wol zu viel des Guten; wir
0079konnten nie umhin, das massige, die feine Zeichnung deckende
0080Orchester-Colorit zu beklagen. In dieser Düsseldorfer Ueber-
0081arbeitung ist die D-moll-Symphonie (als „vierte“) ver-
0082öffentlicht und bisher ausnahmslos aufgeführt worden.
0083Brahms, der Besitzer der (Leipziger) Original-Partitur, sprach
0084sich zuerst zu Gunsten dieser früheren Instrumentirung aus
0085und ermuthigte den Musikdirector Wüllner in Köln, damit
0086im Concert einen Versuch zu machen. Dieser Versuch hatte
0087den günstigsten Erfolg. Wüllner ließ nun die erste Partitur,
0088getreu nach Schumann’s Manuscript, im Stich erscheinen
0089und behielt nur einige offenbar glückliche Neuerungen aus
0090der Düsseldorfer Niederschrift (namentlich gegen den Schluß
0091des Finales) bei. Wir haben jetzt im Philharmonischen Con-
0092cert die Symphonie in dieser neuen, eigentlich ältesten Form
0093gehört und können Wüllner’s Ausspruch nur bestätigen, daß
0094die schwächere Instrumentirung der ursprünglichen Partitur
0095„dennoch ebenso glänzend, vielleicht sogar glänzender wirkt,
0096weil die stark instrumentirten Stellen umsomehr hervor-
0097treten“. So verdanken wir denn dieser Aufführung der uns
0098ans Herz gewachsenen alten Symphonie einen unerwartet
0099neuen Genuß.


0100Rosé’s letzte Quartett-Production brachte eine noch
0101ungedruckte Sonate für Violoncell und Clavier (F-dur) von
0102Goldmark. Ihre Opuszahl 39 ist eine auffallend niedrige
0103für einen Sechzigjährigen. Goldmark gehört eben nicht zu
0104jenen Componisten, die aus Tondichtern schnell Musikhändler
0105werden. Seine strenge Gewissenhaftigkeit beim Schaffen und
0106Feilen eines Werkes ist bekannt; sie kann allerdings nicht
0107verhindern, daß auch hin und wieder eine Composition bei aus-
0108gekühlter Begeisterung entstehe. Das möchte ich auch von der
0109neuen Cello-Sonate glauben. Am meisten hat mich darin
0110das schöne Andante in Des-dur erfreut, von allen drei Sätzen
0111der ruhigste, melodisch flüssigste und reich an genialen har-
0112monischen Wendungen. Vielleicht wäre die Wirkung noch
0113reiner, wenn das Andante etwa zwanzig Tacte früher schlösse;
0114das Ohr glaubt nach der langsam absteigenden Figur, mit
0115welcher das Violoncell auf dem tiefen Des Anker faßt,
0116den Schluß des Stückes gekommen und wird nachher nur
0117ungern wieder durch heftige Accorde aufgerüttelt. Der erste [2]
0118Satz der Sonate ist gegen frühere Kammermusiken Gold-
0119mark’s organischer in der Form, klarer und natürlicher im
0120Ausdruck. Der melodische Stoff scheint mir aber nicht be-
0121deutend; weder das Hauptthema noch das an den Anfang
0122von Brahms’ A-dur-Clavier-Quartett mahnende Seitenmotiv.
0123Das Finale hat am wenigsten inneres Leben, wenn auch
0124viel äußere Lebendigkeit; es kommt nicht recht in Fluß und
0125ermüdet insbesondere durch die lange Reihe der zwischen
0126Clavier und Violoncell tactweis alternirenden Seufzer. Die
0127Sonate, von den Herren Brüll und Hummer vor-
0128trefflich gespielt, wurde äußerst beifällig aufgenommen. Herr
0129Goldmark mußte nach jedem Satz dankend erscheinen.


0130Der herzliche Beifall, mit dem Frau Etelka Gerster 
0131bei ihrem Auftreten im Bösendorfer-Saale begrüßt wurde,
0132wird die berühmte Sängerin von der Anhänglichkeit des
0133Wiener Publicums überzeugt haben. Gerne erinnert man
0134sich ihres Frühjahrsgastspiels im Carl-Theater 1883, wo
0135ihre Traviata, Lucia, Rosina inmitten einer sehr unge-
0136nügenden italienischen Truppe um so glänzender hervortraten.
0137Die Gerster wirkte nicht sowol durch ein intensiv dramatisches
0138Talent, als durch den Reiz ihrer weichen, süß klingenden
0139Stimme, ihrer hohen Flötentöne und mühelosen Geläufigkeit.
0140Nun ist Frau Gerster nach neun Jahren wieder in Wien 
0141erschienen, nachdem sie zum vierten- oder fünftenmale den
0142Ocean überschifft hat. Diese Jahre der Anstrengung und
0143Aufregung sind nicht ohne leidigen Einfluß auf ihre Stimme
0144geblieben. Sehr schön klingen noch immer die hohen Kopf-
0145töne, welche Frau Gerster musterhaft rein und sicher an-
0146schlägt. Hingegen hat die Mittellage an Klang und Fülle
0147eingebüßt, und zeigt die Stimme in Fortestellen einen rauhen
0148Beiklang. So stand denn der Erfolg ihrer jüngsten
0149Leistungen allerdings nicht auf der Höhe von 1883. Daß Frau
0150Gerster trotzdem noch zu den bedeutendsten Coloratur-Sän-
0151gerinnen zählt, bewiesen ihre schönen Trillerketten und Mezza-
0152voce-Passagen in der Arie aus Rigoletto. Mehr als diese
0153Arie konnte ich leider nicht hören, da die zweite Hälfte des
0154Abends dem gleichzeitig im Musikverein angesagten „Ein-
0155zigen Concert“ von Sarasate gehörte. Obendrein hatte
0156der Anfang des Gerster-Concerts sich ungebührlich verzögert 
0157durch das Zuspätkommen eines Pianisten, der in anderem
0158Sinne freilich noch immer viel zu früh gekommen ist. Herr
0159M. Schirmann prüfte die Geduld des Publicums, in-
0160dem er Beethoven’s D-moll-Sonate geistlos, mechanisch, als
0161wenn er selber geprüft würde, abspielte. Nur im Finale that
0162er mehr als seine Schuldigkeit, indem er das ganze Stück
0163hindurch consequent das Hauptmotiv um einen Tact verlän-
0164gerte, die Figur viermal, anstatt dreimal brachte. Mit jungen
0165Mädchen geht man nicht gern allzu streng ins Gericht, aber Pia-
0166nisten vom starken Geschlecht sollten es sich doch reiflicher
0167überlegen, bevor sie mit Beethoven’schen Sonaten vor das
0168Wiener Publicum treten.


0169Sarasate, der unwiderstehliche Rattenfänger, hat mit
0170seiner Geige abermals eine wimmelnde Menschenschaar hinter
0171sich hergezogen. Neues ist kaum über ihn zu berichten,
0172höchstens daß sein Haar, diese schwarze dichte Asphaltdecke,
0173jetzt grau geworden ist. Sein zauberisch süßer reiner Ton,
0174der niemals groß gewesen, schien mir diesmal noch etwas
0175verkleinert; neben dem kräftigen Clavier-Accompagnement der
0176Madame Marx klang es manchmal wie eine Kindergeige,
0177freilich wie eine Straduari-Kindergeige, von einem Meister
0178gespielt. Wie immer glänzte Sarasate zumeist in den eigent-
0179lichen Bravourstücken. Zu diesen gehört ohne Zweifel
0180Raff’sLiebesfee“, eine effectvolle, nur zu weit ausge-
0181sponnene Concert-Etüde, die sich für ein poetisches Charakter-
0182stück ausgibt. Jedenfalls ist die Liebe dieser Fee von ganz
0183unglaublicher Hast und Beweglichkeit; das Stück könnte
0184ebenso gut Schwalbe, Irrlicht oder auch Ameisenhaufen
0185heißen. Sarasate verrichtete Wunder der Technik in einfachen
0186und doppelten Flageolettönen durch ganze Tonfiguren, com-
0187plicirten Pizzicatos mit der linken Hand, in dem Wechsel
0188von gestrichenen und gerissenen Tönen (col arco und pizzi-
0189cato) u. s. w. Den größten Erfolg erzielten seine „Andalu-
0190sischen Tänze“. Mit Frau Bertha Marx, einer virtuosen
0191Pianistin von mehr Glanz als Gefühl, spielte Sarasate auch die
0192sogenannte Kreutzer-Sonate von Beethoven. In den Vierziger-
0193Jahren war sie das Lieblingsstück aller Geigen-Virtuosen in
0194Wien; sie spielten von allen Beethoven’schen Sonaten fast
0195nur diese, und so oft, daß man ihrer endlich überdrüssig 
0196wurde und sie lange ruhen ließ. Seit der bekannten Novelle 
0197von Tolstoi ist sie wieder Mode geworden, ja geradezu
0198unausweichliche Programmnummer. Wie oft seit einem Jahre
0199haben wir diese Sonate in Wien gehört, von Meistern wie
0200Ondriček und Sarasate und vielen kleinen Geigern und Gei-
0201gerinnen! Eine Menge Leute, die sich sonst wenig um
0202Beethoven scheren, rannten ins Concert, um die „berühmte
0203Kreutzer-Sonate“ als erklärendes Supplement zu Tolstoi’s
0204Erzählung zu hören. Sie werden erstaunt, vielleicht
0205enttäuscht gewesen sein, in dieser edlen, klaren, glanzvollen
0206Musik so wenig Mord und Treulosigkeit vorzufinden. Er-
0207staunt war ich nicht weniger von allerlei Fragen und Ant-
0208worten, die zwischen den mehr Tolstoi- als Beethovenkundigen
0209Concertgästen in meiner Nachbarschaft hin und her flogen.
0210Ueber den Titel „Kreutzer-Sonate“ gibt der deutsche Tolstoi 
0211keinen Aufschluß; die französische Uebersetzung „La sonate
0212à Kreutzer“ spricht schon deutlicher. „Sie heißt Kreutzer-
0213Sonate, mein Kind, weil sie für Herrn Kreutzer geschrieben
0214und von ihm zuerst gespielt worden ist.“ Wer war Herr
0215Kreutzer? „Nun, der Componist des „Nachtlagers in Gra-
0216nada“.“ Solche Mißverständnisse bekam ich so häufig zu hören,
0217daß ich vielleicht hoffen darf, einem oder dem andern Leser
0218mit einer historischen Notiz nicht lästig zu fallen. Von
0219Anderen kann sie überschlagen werden.


0220Beethoven hat seine dem berühmten französischen Violin-
0221spieler Rodolphe Kreutzer gewidmete Sonate nicht für
0222diesen geschrieben, sondern für einen damals sehr jungen,
0223ausgezeichneten, heute völlig vergessenen Geiger. Er hieß
0224Bridgetower und war ein Mulatte von etwas dunkler
0225Herkunft, Sohn eines Afrikaners und einer Europäerin. In
0226Polen um das Jahr 1780 geboren, erhielt er seine erste
0227musikalische Ausbildung in England und erregte schon als
0228zehnjähriger Knabe Aufsehen. Unter der Protection des Prinzen
0229von Wales gab er eine Reihe von Concerten gemeinsam mit
0230einem anderen jungen Violinspieler, dem Wiener Franz 
0231Clement. Bridgetower war bald der Löwe der Lon-
0232doner Saison; man nannte ihn den „jungen abyssinischen
0233Prinzen“. Im Jahre 1803 kam er nach Wien, wo er sofort
0234in nähere Beziehungen zu Beethoven trat. Dieser fand sich [3]
0235bereit, eine Sonate eigens für Bridgetower zu componiren
0236und sie mit ihm öffentlich vorzutragen. Es war dies eben die
0237Sonate op. 47. Beethoven spielte sie aus dem Manuscript am
023817. und 24. Mai 1803 mit Bridgetower in dessen Concerten im
0239Augarten. Seltsamerweise hat man von da an nicht wieder
0240von diesem Künstler gehört, der aus so glänzenden Anfän-
0241gen sich plötzlich in völliges Dunkel verlor. Man glaubt,
0242daß Bridgetower zwischen 1840 und 1850 in London ge-
0243storben ist. Seine Haltung und Bewegungen beim Spielen
0244sollen, wie Karl Czerny erzählt, so grotesk gewesen sein,
0245daß es unmöglich war, ihn anzusehen, ohne laut aufzu-
0246lachen. Wie kam nun Kreutzer zu dieser Bridgetower-
0247Sonate? Kreutzer, der mit Rode und Baillot an der Spitze
0248der damals so glänzenden Pariser Violinschule stand, war
0249auf einer großen Kunstreise Anfangs 1798 in Wien einge-
0250troffen. Dort lernte er den 27jährigen Beethoven kennen,
0251mit welchem ihn ganz eigenthümliche Umstände schneller und
0252enger verbanden, als es wahrscheinlich sonst geschehen
0253wäre. Als berühmter französischer Künstler kam nämlich
0254Kreutzer häufig zu dem neu ernannten französischen
0255Gesandten am Wiener Hofe, General Bernadotte.
0256Dieser mußte, mit Rücksicht auf die Schwangerschaft der
0257Kaiserin, zwei lange Monate auf seine officielle Vorstellung
0258bei Hof warten. Kreutzer vertrieb ihm diese Zeit gezwungener
0259Unthätigkeit mit Musik, und um dem musikliebenden Ge-
0260sandten hierin das Beste zu bieten, stellte er ihm Beethoven 
0261vor, der sich gerne zur Mitwirkung erbot. Dieses gemein-
0262same Musiciren bei Bernadotte (dem nachmaligen König
0263von Schweden) dauerte mehrere Wochen und knüpfte ein
0264dauerhaftes Band herzlicher Freundschaft zwischen Kreutzer 
0265und Beethoven. Einige Jahre später sollte Kreutzer einen
0266glänzenden Beweis dieser Freundschaft erhalten durch die
0267Widmung der Sonate, welche jetzt kurzweg „Die Kreutzer-
0268Sonate“ heißt. Sie erschien im Jahre 1805 bei Simrock
0269unter dem Titel: Sonata per il Pianoforte ed un Violino
0270obligato, scritta in un stilo molto concertante quasi come
0271d’un concerto: composta e dedicata al suo amico
0272Rodolfo Kreutzer per L. van Beethoven.