Erachten wir es gleich als Prinzip und erste Auf-
gabe der musikalischen Aesthetik, daß sie die usurpirte
Herrschaft des Gefühls unter die berechtigte der Schön-
heit stelle, so behaupten doch die affirmativen Aeuße-
rungen des Fühlens im praktischen Musikleben eine zu
auffallende und wichtige Rolle, um durch bloße Unter-
ordnung abgethan zu werden.
Nachdem nicht das Gefühl, sondern die Phanta-
sie, als Thätigkeit des reinen Schauens, das Organ
ist, aus welchem und für welches alles Kunstschöne
entsteht, so erscheint auch das musikalische Kunst-
werk als ein von unserm Fühlen nicht bedingtes, spezifisch
ästhetisches Gebild, das die wissenschaftliche Betrachtung
abgelöst von dem psychologischen Beiwerk seines Entstehens
und Wirkens in seiner inneren Beschaffenheit erfassen muß.
In der Wirklichkeit erweist sich aber dies begrifflich von
unserem Fühlen unabhängige, selbstständige Kunstwerk als
wirksame Mitte zwischen zwei lebendigen Kräften: seinem
Woher und seinem Wohin, d. i. dem Komponisten
und dem Hörer. In dem Seelenleben dieser Beiden kann
die künstlerische Thätigkeit der Phantasie, nicht so
zu reinem Metall ausgeschieden sein, wie sie in dem
fertigen, unpersönlichen Kunstwerk vorliegt, — vielmehr
wirkt sie dort stets in enger Wechselbeziehung mit Ge-
fühlen und Empfindungen. Das Fühlen wird somit
vor und nach der Schöpfung des Kunstwerks, vorerst
im Tondichter, dann im Hörer eine Bedeutung behaup-
ten, der wir unsere Aufmerksamkeit nicht entziehen
dürfen.
Betrachten wir den Komponisten. Ihn wird
während des Schaffens eine gehobene Stimmung er-
füllen, wie sie zur Befreiung des Schönen aus dem
Schacht der Phantasie kaum entbehrlich gedacht wer-
den kann. Daß diese gehobene Stimmung, nach der
Individualität des Künstlers, mehr oder minder die
Färbung des werdenden Kunstwerks annehmen, daß sie
bald hoch, bald mäßiger fluthen wird, nie aber bis
zum überwältigenden Affekte, der das künstlerische Her-
vorbringen vereitelt, daß die klare Besinnung hierbei
wenigstens gleiche Wichtigkeit behauptet mit der Be-
geisterung, — dies sind bekannte, der allgemeinen Kunst-
lehre angehörige Bestimmungen. Was speziell das Schaf-
fen des Tonsetzers betrifft, so muß festgehalten wer-
den, daß es ein stetes Bilden ist, ein Formen in
Tonverhältnissen. Nirgend erscheint die Souverainetät
des Gefühls, welche man so gern der Musik andichtet,
schlimmer angebracht, als wenn man sie im Komponi-
sten während des Schaffens voraussetzt, und dieses als
ein begeistertes Extemporiren auffaßt. Die schrittweis
vorgehende Arbeit, durch welche ein Musikstück, das dem
Tondichter anfangs nur in Umrissen vorschwebte, bis
in die einzelnen Takte zur bestimmten Gestalt ausge-
meißelt wird, allenfalls gleich in der empfindlichen viel-
gestaltigen Form des Orchesters, ist so besonnen und
komplizirt, daß sie kaum verstehen kann, wer nicht
selbst einmal Hand daran gelegt. Nicht blos
etwa fugirte oder kontrapunktische Sätze, in welchen
wir abmessend Note gegen Note halten, das fließendste
Rondo, die melodiöseste Arie erfordert, wie es unsere
Sprache bedeutsam nennt, ein „Ausarbeiten“ ins Klein-
ste. Die Thätigkeit des Komponisten ist eine in ihrer
Art plastische und jener des bildenden Künstlers
vergleichbar. Eben so wenig als dieser darf der Ton-
dichter mit seinem Stoff unfrei verwachsen sein, denn
gleich ihm hat er ja sein (musikalisches) Ideal objek-
tiv hinzustellen, zur reinen Form zu gestalten.
Das dürfte von Rosenkranz vielleicht übersehen
worden sein, wenn er den Widerspruch bemerkt aber
ungelöst läßt, warum die Frauen, welche doch von
Natur vorzugsweise auf das Gefühl angewiesen sind,
in der Komposition nichts leisten?
**) Der Grund
liegt, — außer den allgemeinen Bedingungen, welche
Frauen von geistigen Hervorbringungen ferner halten —
eben in dem plastischen Moment des Komponirens, das
eine Entäußerung der Subjektivität nicht minder,
wenn gleich in verschiedener Richtung erheischt, als die
bildenden Künste. Wenn die Stärke und Lebendigkeit
des Fühlens wirklich maßgebend für das Tondichten
wäre, so würde der gänzliche Mangel von Komponi-
stinnen neben so zahlreichen Schriftstellerinnen und Ma-
lerinnen schwer zu erklären sein. Nicht das Gefühl
komponirt, sondern die speziell musikalische, künstle-
risch geschulte Begabung. Ergötzlich klingt es daher,
wenn F. L. Schubart die „meisterhaften Andantes“
des Komponisten Stanitz ganz ernsthaft als eine na-
türliche „Folge seines gefühlvollen Herzens“ darstellt
***)
oder Christian Rolle versichert „ein leutseliger, zärt-
licher Charakter mache uns geschickt, langsame Sätze
zu Meisterstücken zu bilden.“
°)
Ohne innere Wärme ist nichts Großes, noch Schö-
nes im Leben vollbracht worden. Das Gefühl wird
beim Tondichter, wie bei jedem Poeten, sich reich
entwickelt vorfinden, nur ist es nicht der schaffende
Faktor in ihm. Gesetzt selbst, ein starkes, bestimm-
tes Pathos erfüllte ihn gänzlich, so wird dasselbe An-
laß und Weihe manches Kunstwerks werden, allein, —
wie wir aus der Natur der Tonkunst wissen, welche
einen bestimmten Affekt darzustellen weder die Fä-
higkeit nach den Beruf hat, — niemals dessen Ge-
genstand.
Ein inneres Singen, nicht ein inneres Fühlen
treibt den musikalisch Talentirten zur Erfindung eines
Tonstücks. Es ist Regel, daß die Komposition rein
musikalisch erdacht wird, und ihr Charakter kein
Ergebniß der persönlichen Gefühle des Komponisten ist.
Nur ausnahmsweise extemporirt dieser die Melodien
als Ausdruck eines bestimmten, ihn eben erfüllenden
Affektes. Der Charakter dieses Affektes, einmal vom
Kunstwerk aufgesogen, interessirt aber sodann nurmehr
als musikalische Bestimmtheit, als Charakter des
Stücks, nicht mehr des Komponisten.
Wir haben die Thätigkeit des Komponirens als ein
Bilden aufgefaßt; als solches ist sie wesentlich ob-
jektiv. Der Tonsetzer formt ein selbstständiges
Schöne. Der unendlich ausdrucksfähige, geistige Stoff
der Töne läßt es zu, daß die Subjektivität des in ih-
nen Bildenden sich in der Art seines Formens aus-
präge. Da schon den einzelnen musikalischen Elementen
ein charakteristischer Ausdruck eignet, so werden vor-
herrschende Charakterzüge der Komponisten: Sentimen-
talität, Energie, Nettigkeit, sich durch die konse-
quente Bevorzugung gewisser Tonarten, Rhythmen, Ueber-
gänge recht wohl nach den allgemeinen Momen-
ten abdrücken, welche die Musik wiederzugeben fähig
ist. Was der gefühlvolle und was der geistreiche Kom-
ponist bringt, der graziöse oder der erhabene, ist zu-
erst und vor Allem Musik (objektives Gebilde).
Prinzipiell untergeordnet bleibt das subjektive Mo-
ment immer, nur wird es nach Verschiedenheit der
Individualität in ein verschiedenes Größenverhältniß
zu dem objektiven treten. Man vergleiche vorwiegend
subjektive Naturen, denen es um Aussprache ihrer ge-
waltigen oder sentimentalen Innerlichkeit zu thun ist,
(Beethoven, Spohr) im Gegensatz zu klar Formenden,
(Mozart, Mendelssohn). Ihre Werke werden sich
von einander durch unverkennbare Eigenthümlichkei-
ten unterscheiden, und als Gesammtbild die Indi-
vidualität ihrer Schöpfer abspiegeln, doch wurden
sie alle, die einen wie die andern, als selbstständiges
Schöne, rein musikalisch um ihretwillen erschaffen, und
erst innerhalb der Grenzen dieses künstlerischen Bildens
mehr oder weniger subjektiv ausgestattet. Ins Extrem
gesteigert, läßt sich daher wohl eine Musik denken,
welche blos Musik, aber keine, die blos Ge-
fühl wäre.
Nicht das thatsächliche Gefühl des Komponisten,
als eine blos subjektive Affektion, ist es, was die
gleiche Stimmung in den Hörern wachruft. Räumt
man der Musik solch’ eine zwingende Macht ein, so
anerkennt man dadurch etwas Objektives in ihr, denn
nur dieses zwingt in allem Schönen. Dies Objek-
tive sind hier die musikalischen Bestimmtheiten
eines Tonstücks. Streng ästhetisch können wir von ir-
gend einem Thema sagen: es klinge stolz oder trübe,
nicht aber: es sei ein Ausdruck der stolzen oder trüben
Gefühle des Komponisten. Noch ferner liegen dem
Charakter eines Tonwerkes die sozialen und politischen
Verhältnisse, welche seine Zeit beherrschten. Jener
musikalische Ausdruck des Themas ist nothwen-
dige Folge seiner so und nicht anders gewählten Ton-
faktoren, daß diese Wahl aus psychologischen oder kul-
turgeschichtlichen Ursachen hervorging, müßte an dem
bestimmten Werke (nicht blos aus Jahreszahl und Ge-
burtsort) nachgewiesen werden, und nachgewiesen, wäre
dieser Zusammenhang zunächst eine lediglich historische
oder biographische Thatsache. Die ästhetische Be-
trachtung kann sich auf keine Umstände stützen, die
außerhalb des Kunstwerkes selbst liegen.
So gewiß die Individualität des Komponisten in
seinen Schöpfungen einen symbolischen Ausdruck finden
wird, so irrig wäre es, aus diesem persönlichen
Moment Begriffe ableiten zu wollen, die ihre wahr-
hafte Begründung nur in der Objektivität des
künstlerischen Bildens finden. Dahin gehört der Be-
griff des Styls°°).
Wir möchten den Styl in der Tonkunst von Seite
seiner musikalischen Bestimmtheiten aufgefaßt
wissen, als die vollendete Technik, wie sie im Ausdruck
des schöpferischen Gedankens als Gewöhnung erscheint.
Der Meister bewährt „Styl“ indem er die klar er-
faßte Idee verwirklichend, alles Kleinliche, Unpassende,
Triviale wegläßt und so in jeder technischen Einzel-
heit die künstlerische Haltung des Ganzen übereinstim-
mend wahrt. Mit Vischer (Aesthetik §. 527) wür-
den wir das Wort „Styl“ auch in der Musik abso-
lut gebrauchen und, absehend von den historischen oder
individuellen Eintheilungen, sagen: Dieser Komponist
hat Styl, in dem Sinne als man von Jemand
sagt, er hat Charakter.
Die architektonische Seite des musikalisch
Schönen tritt bei der Stylfrage recht deutlich in den
Vordergrund. Eine höhere Gesetzlichkeit, als die der
bloßen Proportion, wird der Styl eines Tonstücks
durch einen einzigen Takt verletzt, der an sich untadel-
haft, nicht zum Ausdruck des Ganzen stimmt. Genau
so wie eine unpassende Arabeske im Bauwerk, nennen
wir styllos eine Kadenz, oder Modulation, welche als 2
Inkonsequenz aus der einheitlichen Durchführung des
Grundgedankens abspringt. Einen äußerst richtigen
Blick hat Nägeli bewährt, als er in einigen In-
strumentalwerken von Mozart „Styllosigkeiten“
nachwies und dabei nicht vom Charakter des Kompo-
nisten, sondern von objektiv musikalischen Bestimmun-
gen ausging, freilich ohne den Begriff selbst zu erklä-
ren oder zu begründen.
In der Komposition eines Musikstückes findet
daher eine Entäußerung des eigenen, persönlichen Af-
fektes nur insoweit Statt, als es die Grenzen einer
vorherrschend objektiven, formenden Thätigkeit zu-
lassen.
Der Akt, in welchem die unmittelbare Ausströmung
eines Gefühls in Tönen vor sich gehen kann, ist nicht
sowohl die Erfindung eines Tonwerkes, als vielmehr
die Reproduktion desselben. Daß für den phi-
losophischen Begriff das komponirte Tonstück, ohne
Rücksicht auf dessen Aufführung, das fertige Kunst-
werk ist, darf uns nicht hindern, die Spaltung der
Musik in Komposition und Reproduktion, eine der
folgenreichsten Spezialitäten unserer Kunst, überall zu
beachten, wo sie zur Erklärung eines Phänomens beiträgt.
In der Untersuchung des subjektiven Eindrucks der
Musik macht sie sich ganz vorzugsweise geltend. Dem
Spieler ist es gegönnt, sich des Gefühls, das ihn
eben beherrscht, unmittelbar durch sein Instrument zu
befreien und in seinen Vortrag das wilde Stürmen,
das sehnliche Ausbrennen, die heitere Kraft und Freude
seines Innern zu hauchen. Schon das körperlich
Innige, das durch meine Fingerspitzen die innere
Bebung unvermittelt an die Saite drückt oder den
Bogen reißt, oder gar im Gesange selbsttönend wird,
macht den persönlichsten Erguß der Stimmung im
Musiziren recht eigentlich möglich. Eine Subjektivität
wird hier unmittelbar in Tönen tönend wirksam,
nicht blos stumm in ihnen formend. Der Komponist
schafft langsam, unterbrochen, der Spieler in einem
unaufhaltsamen Flug; der Komponist für das Bleiben,
der Spieler für den erfüllten Augenblick. Das Ton-
werk wird geformt, die Aufführung erleben wir.
So liegt denn das Gefühlsentäußernde und erregende
Moment der Musik im Reproduktionsakt, welcher den
elektrischen Funken aus dunklem Geheimniß lockt und
in das Herz der Zuhörer überspringen macht. Freilich
kann der Spieler nur das bringen, was die Komposi-
tion enthält, allein diese erzwingt wenig mehr als die
Richtigkeit der Noten. „Der Geist des Tondichters
sei es ja nur, den der Spieler errathe und offenbare“
— wohl, aber eben diese Aneignung im Moment des
Wiederschaffens ist sein, des Spielers, Geist. Das-
selbe Stück belästigt oder entzückt, je nachdem es zu
tönender Wirklichkeit belebt wird. Es ist wie derselbe
Mensch, einmal in seiner verklärendsten Begeisterung,
das andremal in mißmuthiger Alltäglichkeit aufgefaßt.
Die künstlichste Spieluhr kann das Gefühl des Hörers
nicht bewegen, doch der einfachste Musikant wird es,
wenn er mit voller Seele bei seinem Liede ist.
Zur höchsten Unmittelbarkeit befreit sich die Offen-
barung eines Seelenzustandes durch Musik, wo Schö-
pfung und Ausführung in Einen Akt zusammenfallen.
Dies geschieht in der freien Phantasie. Wo diese
nicht mit formell künstlerischer, sondern mit vorwiegend
subjektiver Tendenz (pathologisch in höherem Sinn)
auftritt, da kann der Ausdruck, welchen der Spieler
den Tasten entlockt, ein wahres Sprechen werden. Wer
dies censurfreie Sprechen, dies entfesselte Sichselbstge-
ben mitten in strengem Bannkreise je an sich selbst er-
lebt hat, der wird ohne Weiters wissen, wie da Liebe,
Eifersucht, Wonne und Leid unverhüllt und doch un-
fahndbar hinausrauschen aus ihrer Nacht, ihre Feste
feiern, ihre Sagen singen, ihre Schlachten schlagen,
bis der Meister sie zurückruft, beruhigt, beunruhigend.
Durch die entbundene Bewegung des Spielers theilt
sich der Ausdruck des Gespielten dem Hörer mit.
Wenden wir uns zu diesem.
Wir sehen ihn von einer Musik ergriffen, froh oder
wehmüthig bewegt, weit über das blos ästhetische
Wohlgefallen hinaus im Innersten emporgetragen oder
erschüttert. Die Existenz dieser Wirkungen ist unläug-
bar, wahrhaft und echt, oft die höchsten Grade errei-
chend, zu bekannt endlich, als daß wir ihr ein be-
schreibendes Verweilen widmen dürften. Es handelt
sich hier nur um zweierlei: worin im Unterschied von
andern Gefühlsbewegungen der spezifische Charakter
dieser Gefühlserregung durch Musik liege? und
wieviel von dieser Wirkung ästhetisch sei?
Müssen wir auch das Vermögen, auf die Gefühle zu
wirken, allen Künsten ausnahmslos zuerkennen; so
ist doch der Art und Weise, wie die Musik es aus-
übt, etwas Spezifisches, nur ihr Eigenthümliches nicht
abzusprechen. Musik wirkt auf den Gemüthszustand
rascher und intensiver, als irgend ein anderes Kunst-
schöne. Mit wenigen Akorden können wir einer Stim-
mung überliefert sein, welche ein Gedicht erst durch
längere Exposition, ein Bild durch anhaltendes Hin-
eindenken erreichen würde, obgleich diesen beiden, im
Vortheil gegen die Tonkunst der ganze Kreis der Vor-
stellungen dienstbar ist, von welchen unser Denken die
Gefühle von Lust oder Schmerz abhängig weiß. Nicht
nur rascher, auch unmittelbarer und intensiver ist die
Einwirkung der Töne. Die andern Künste überreden,
die Musik überfällt uns. Diese ihre eigenthümliche Ge-
walt auf unser Gemüth erfahren wir am stärksten,
wenn wir uns in einem Zustand größerer Aufregung
oder Herabstimmung befinden.
In Gemüthszuständen, wo weder Gemälde, noch
Gedichte, weder Statuen noch Bauten mehr im Stande
sind, uns zu theilnehmender Aufmerksamkeit zu reizen,
wird Musik noch Macht über uns haben, ja gerade
heftiger als sonst. Wer in schmerzhaft aufgeregter
Stimmung Musik hören oder machen muß, dem
schwingt sie wie Essig in der Wunde. Keine Kunst
kann da so tief und scharf in unsere Seele schneiden.
Form und Charakter des Gehörten verlieren ganz
ihre Bedeutung, sei es nächtigtrübes Adagio oder ein
hellfunkelnder Walzer, wir können uns nicht loswinden
von seinen Klängen, — nicht mehr das Tonstück füh-
len wir, sondern die Töne selbst, die Musik als ge-
staltlos dämonische Gewalt, wie sie mit Zauberaugen
glühend an die Nerven unseres ganzen Leibes rückt
°°°).
Als Goethe in hohem Alter noch einmal die Ge-
walt der Liebe erfuhr, da erwachte in ihm zugleich
eine nie gekannte Empfänglichkeit für Musik. Er schreibt
über jene wunderbaren Marienbader Tage (1823) an
Zelter: „Die ungeheure Gewalt der Musik auf mich
in diesen Tagen! Die Stimme der Milder, das Klang-
reiche der Szymanowska, ja sogar die öffentlichen Exhi-
bitionen des hiesigen Jägerkorps falten mich ausein-
ander, wie man eine geballte Faust freundlich flach
läßt. Ich bin völlig überzeugt, daß ich im ersten Takte
deiner Singakademie den Saal verlassen müßte.“ Zu
einsichtsvoll, um nicht den großen Antheil nervöser
Aufregung in dieser Erscheinung zu erkennen, schließt
Goethe mit den Worten: „Du würdest mich von einer
krankhaften Reizbarkeit heilen, die denn doch eigent-
lich als die Ursache jenes Phänomens anzusehen
ist.“ Diese Beobachtungen müssen uns schon aufmerksam
machen, daß in den musikalischen Wirkungen auf das
Gefühl ein fremdes nicht rein ästhetisches Element mit
im Spiele sei. Eine rein ästhetische Wirkung wendet
sich an die volle Gesundheit des Nervenlebens, und
zählt auf kein krankhaftes Mehr oder Weniger desselben.
Die intensivere Einwirkung der Musik auf gesunde
und ihre alleinige Einwirkung auf krankhafte Nerven-
systeme vindizirt ihr in der That einen Machtüberschuß
vor den anderen Künsten. Wenn wir aber die Natur
dieses Machtüberschusses untersuchen, so erkennen wir,
daß er ein qualitativer sei und daß die eigen-
thümliche Qualität auf physiologischen Bedin-
gungen ruhe. Der sinnliche Faktor, der bei jedem
Schönheitsgenuß den geistigen trägt, ist bei der Ton-
kunst größer, als in den andern Künsten. Die Musik,
durch ihr körperloses Material die geistigste, von Seite
ihres gegenstandlosen Formenspiels die sinnlichste Kunst,
zeigt in dieser geheimnißvollen Vereinigung zweier
Gegensätze ein lebhaftes Assimilationsbestreben mit den
Nerven, diesen nicht minder räthselhaften Organen
des unsichtbaren Telegraphendienstes zwischen Leib und
Seele.
Name (alt) | Nägeli, Johann Georg |
---|---|
Lebensdaten | 1773-1836 |
Beschreibung |
|
GND | 11858622X |
WIKIDATA | Q672548 |
OEML | musik_N/Naegeli_Hans |
Überprüft | mehrfach |
Weitere Details |
Lebensdaten | 1809-1847 |
---|---|
Beschreibung |
|
GND | 118580779 |
WIKIDATA | Q46096 |
PMB | 12228 |
Überprüft | mehrfach |
Weitere Details |
Name (alt) | Göthe |
---|---|
Lebensdaten | 1749-1832 |
Beschreibung |
|
GND | 118540238 |
WIKIDATA | Q5879 |
PMB | 11461 |
Überprüft | mehrfach |
Weitere Details |
Lebensdaten | 1805-1879 |
---|---|
Beschreibung |
|
GND | 118602721 |
WIKIDATA | Q62315 |
PMB | 9577 |
Überprüft | mehrfach |
Weitere Details |
Lebensdaten | 1756-1791 |
---|---|
Beschreibung |
|
GND | 118584596 |
WIKIDATA | Q254 |
PMB | 12303 |
OEML | musik_M/Mozart_Familie |
Überprüft | mehrfach |
Weitere Details |
Lebensdaten | 1758-1832 |
---|---|
Beschreibung |
|
GND | 118636421 |
WIKIDATA | Q58857 |
PMB | 13177 |
Überprüft | mehrfach |
Weitere Details |
Name (alt) | Stanitz |
---|---|
Lebensdaten | 1717-1757 |
Beschreibung |
|
GND | 118752618 |
WIKIDATA | Q156033 |
OEML | musik_S/Stamitz_Familie |
Überprüft | mehrfach |
Weitere Details |
Lebensdaten | 1789-1831 |
---|---|
Beschreibung |
|
GND | 117392359 |
WIKIDATA | Q260610 |
PMB | 150837 |
Überprüft | mehrfach |
Weitere Details |
Lebensdaten | 1739-1791 |
---|---|
Beschreibung |
|
GND | 118610953 |
WIKIDATA | Q61251 |
PMB | 9770 |
Überprüft | mehrfach |
Weitere Details |
Name (alt) | Hanns |
---|---|
Lebensdaten | 1825-1904 |
Beschreibung |
|
GND | 118545825 |
WIKIDATA | Q84246 |
PMB | 11578 |
OEBL | oebl_H/Hanslick_Eduard_1825_1904 |
OEML | musik_H/Hanslick_Eduard |
Überprüft | mehrfach |
Weitere Details |
Name (alt) | Fischer |
---|---|
Lebensdaten | 1807-1887 |
Beschreibung |
|
GND | 11862721X |
WIKIDATA | Q651 |
PMB | 5012 |
OEML | musik_V/Vischer_Friedrich |
Überprüft | mehrfach |
Weitere Details |
Lebensdaten | 1749-1818 |
---|---|
Beschreibung |
|
GND | 118809962 |
WIKIDATA | Q57922 |
OEML | musik_F/Forkel_Johann |
Überprüft | mehrfach |
Weitere Details |
Lebensdaten | 1785-1838 |
---|---|
Beschreibung |
|
GND | 117041556 |
WIKIDATA | Q86333 |
PMB | 150840 |
OEBL | oebl_M/Milder-Hauptmann_Anna-Pauline_1785_1838 |
OEML | musik_M/Milder-Hauptmann_Anna |
Überprüft | mehrfach |
Weitere Details |
Lebensdaten | 1770-1827 |
---|---|
Beschreibung |
|
GND | 118508288 |
WIKIDATA | Q255 |
PMB | 10866 |
OEBL | oebl_B/Beethoven_Ludwig-Van_1770_1827 |
OEML | musik_B/Beethoven_Ludwig |
Überprüft | mehrfach |
Weitere Details |
Lebensdaten | 1681-1751 |
---|---|
Beschreibung |
|
GND | 121262847 |
WIKIDATA | Q88342 |
Überprüft | mehrfach |
Weitere Details |
Lebensdaten | 1784-1859 |
---|---|
Beschreibung |
|
GND | 118616366 |
WIKIDATA | Q57226 |
PMB | 9968 |
OEML | musik_S/Spohr_Familie |
Überprüft | mehrfach |
Weitere Details |
Alternativname | Marienbad |
---|---|
Land | CZ, Czechia |
Typ | P, city, village,... |
Geonames | 3071024 |
GND | 4037541-9 |
WIKIDATA | Q523469 |
Überprüft | mehrfach |
Weitere Details |
Land | DE, Germany |
---|---|
Typ | P, city, village,... |
Geonames | 2950159 |
GND | 4005728-8 |
WIKIDATA | Q64 |
Überprüft | mehrfach |
Weitere Details |
Autor(en) | |
---|---|
Digitalisat | vorhanden |
Überprüft | mehrfach |
Weitere Details |
Autor(en) | |
---|---|
GND ID | 4349175-3 |
Digitalisat | vorhanden |
Überprüft | mehrfach |
Weitere Details |
Autor(en) | |
---|---|
Alternativtitel | Neue Wahrnehmungen zur Aufnahme der Musik |
Digitalisat | vorhanden |
Überprüft | mehrfach |
Weitere Details |
Autor(en) | |
---|---|
Digitalisat | vorhanden |
Überprüft | mehrfach |
Weitere Details |
Autor(en) | |
---|---|
GND ID | 1304921425 |
Digitalisat | vorhanden |
Überprüft | mehrfach |
Weitere Details |
Autor(en) | |
---|---|
GND ID | 1170204384 |
Digitalisat | vorhanden |
Überprüft | mehrfach |
Weitere Details |
ACDH-CH OEAW
Austrian Centre for Digital Humanities and Cultural Heritage
Österreichische Akademie der Wissenschaften
Bäckerstraße 13
1010 Wien
T: +43 1 51581-2200
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