2
Populäre Aesthetik.
Aesthetik in Umrissen. Zur allgemeinern philosophischen
Orientirung auf dem Gebiete der Kunst. Von Joseph
Bayer. Erster Theil. Prag, Mercy. 1855-56. Gr. 8.
1 Thlr. 26 Ngr.
A-B-C der Aesthetik. Fünf Vorlesungen, gehalten zu
Strasburg von Albert Grün. Strasburg, Treuttel u.
Würtz. 1856. 8. 1 Thlr. 2 Ngr.
Die Grenzen der Musik und Poesie. Eine Studie zur
Aesthetik der Tonkunst. Von August Wilhelm Ambros,
Prag, Mercy. 1856. 8. 24 Ngr.
Zur Reform der modernen Kunst. Eine Studie zur neue-
sten Kunstgeschichte. Halle, Schroedel u. Simon. 1856.
Gr. 8. 15 Ngr.
Wenn auf dem Gebiete der Aesthetik Schriften wie die
beiden erstgenannten erscheinen, die nicht durch neue Ideen
oder Forschungen die Wissenschaft als solche weiterführen,
sondern das in ihr Errungene für die allgemeine Bildung ver-
ständlich und fruchtbar machen wollen, so ist das immer ein
erfreuliches Zeichen, daß sich in weitern Kreisen auch ein Ver-
langen nach der Einsicht in das Wesen des Schönen und der
Kunst rege, wiewol es immer besser wäre, wenn auch die selb-
ständigen Denker und Forscher von Haus aus weniger für die
Schule und mehr für das Leben schrieben. Der Ton, den
Schiller in den „Briefen über die ästhetische Erziehung des
Menschen“, den Lessing im „Laokoon“, den Schelling in seiner
Rede „Ueber das Verhältniß der bildenden Künste zur Natur“
angeschlagen, sollte maßgebend sein; denn diese Werke bewei-
sen, daß man zugleich die Wissenschaft weiterführen und zugleich
auf die Nationalbildung einwirken, daß man tief und klar,
scharf und schön zugleich über ästhetische Fragen schreiben
3
kann. Die im vorigen Decennium begonnene „Aesthetik“ von
Vischer bietet neben den eigenen Gedanken und Urtheilen des
Verfassers zugleich ein ziemlich vollständiges Repertorium aller
Leistungen auf ästhetischem Gebiet; sie hat zugleich die Kunst-
geschichte und ihre Resultate mit der Hegel’schen Philosophie in
Verbindung gebracht. So ist sie für Nachfolgende, die keineswegs
alle Studien des Verfassers mitgemacht haben, eine Fundgrube
von Gelehrsamkeit, eine Sammlung von mannichfaltigen Ansich-
ten, die man weiter erörtern kann; ihr großer Umfang reizt dazu,
sie mehr ins Enge zu ziehen, und die Form der abstract gehal-
tenen Paragraphen und der erläuternden Anmerkungen veran-
laßt dazu, beide ineinander zu arbeiten. Das scheint sich denn
Bayer zur Aufgabe gemacht zu haben. Er und A. Grün
nehmen im Wesentlichen den Vischer’schen Standpunkt ein,
Bayer zeigt sich aber überall von ihm abhängig. Er kennt
kaum etwas Anderes oder Neueres. So sind ihm z. B. Zei-
sing’s „Proportionslehre“ und „Aesthetische Forschungen“ fremd
geblieben, und was ich über das Ungenügende von Vischer’s,
d. h. Hegel’s philosophischen Principien in Fichte’s Zeitschrift,
was ich selbständig darstellend in meiner „Poetik“, namentlich in
den einleitenden Abschnitten veröffentlichte, ist für ihn nicht
geschrieben gewesen. Er will das Schwierige durch einen blü-
henden Stil leicht machen und setzt Metaphern an die Stelle
des begriffsmäßigen Ausdrucks. Von einem großen Verdienste
um die Wissenschaft kann bis jetzt weder bei ihm noch bei
Grün die Rede sein; aber ihren Zweck, eine bestimmte Ent-
wickelungsstufe der Aesthetik auf eine leichtfaßliche und ein
größeres Publicum leicht ansprechende Weise popularisirend zu
schildern, diesen Zweck haben sie glücklich erreicht.
Grün’s Vorlesungen sind durch jugendliche Frische und
Wärme ausgezeichnet, das lebendige Wort des Redners klingt
auch im Druck durch die stummen Lettern hindurch, er sagt We-
niges, was geradezu falsch wäre, aber er meint oft ein Problem
dadurch gelöst zu haben, daß er es beschreibt, wie z. B. das Pro-
duciren der Phantasie. Wenn er selbst laut seiner Vorrede
„weit entfernt ist, dem hier von ihm Gebotenen große Bedeu-
tung beizulegen“, so wird er auch von uns nicht fodern kön-
nen, daß wir es thun; aber um einen Ueberblick über das Ge-
biet der Aesthetik zu gewinnen, um einmal, was jetzt Eigen-
thum aller Gebildeten ist, dem heranwachsenden Geschlechte in
gedrängtem Zusammenhange vorzutragen, ist sein Büchlein
empfehlenswerth. Daß er die landschaftliche Schönheit leugnet,
mit der für viele Menschen doch die ästhetischen Eindrücke be-
ginnen, der zuliebe Tausende jetzt in die Schweiz und jetzt ans
Meer reisen, ist eine Consequenz davon, daß er das Schöne
zunächst in den Dingen statt in dem auffassenden Subjecte
gesucht hat. Diesen Jrrthum theilt er mit Bayer. Wir wollen
etwas näher auf die Frage eingehen.
Wir glauben nach gewöhnlicher Ansicht der Dinge in einer
tönenden, hellen, farbenreichen Welt zu leben und sie, die für
sich fertig ist, mit unsern Sinnen und Gedanken nur aufzu-
nehmen, uns mit ihrem Inhalt zu erfüllen. Aber die kritische
Philosophie lehrt uns, daß wir zunächst nur die Aenderung
der eigenen Zustände im Bewußtsein erfassen und die innern
Bilder, die wir danach produciren, als eine Erscheinungswelt
außer uns setzen, indem wir sie vorstellen und von unserm
Selbst unterscheiden. Nur daß wir denken, ist das unmittel-
bar und unzweifelhaft Gewisse, weil ein Zweifel daran selbst
ein Gedanke wäre und weil dieser das sich selbst erfassende
Sein ist; und wäre kein Bewußtsein, keine Wahrnehmung und
Empfindung, so würde das bloße Dasein einer materiellen Welt
weder genossen, noch angeschaut, noch irgendwie erfaßt werden
und so gut wie gar nicht vorhanden sein. Ohne Kant’s „Kri-
tik der reinen Vernunft“ studirt zu haben, sollte Niemand in
ästhetischen Dingen ein Wort mitreden wollen, aber weder bei
Bayer noch bei Grün sind die Spuren eines Verständnisses
dieses Buchs. Mit diesem aber stimmt die Naturwissen-
schaft überein, wenn sie lehrt, daß Ton und Farbe außer uns
als solche nicht erfunden, daß sie erst in uns und durch uns
erzeugt werden. Außer uns vorhanden sind Luft und Aether,
sind Dinge, deren Bewegungen sich der Luft oder dem Aether
mittheilen. Die an sich lautlosen und dunkeln Weltenschwin-
gungen durchwogen die Luft und den Aether, und erst wo sie
an ein Ohr, wo sie an ein Auge schlagen und durch dies Sin-
nesorgan die in ihm verzweigten Nerven berühren und nach
Maßgabe der eigenen Bewegung erregen, empfinden wir diese
Umstimmung unserer Organe und vernehmen sie als Schall
und Licht. Die Sterne stehen am Himmel, wenn auch alle
Augen geschlossen sind, aber sie glänzen erst, wenn ihre Strah-
len vom offenen Auge aufgenommen werden; wir hören die
Stimme der Nachtigal nicht außer uns, erst in unserm Ohr,
erst unserer Empfindung beginnt sie zu tönen.
Da nun alles Schöne in Natur und Kunst uns durch die
Sinne vermittelt wird, da es durch Formen, Farben, Töne
unserm Gemüthe mitgetheilt werden muß, so ergibt sich aus
der obigen Betrachtung, daß es nicht außer uns in den Din-
gen fertig besteht, sondern in uns durch unsere Empfindung
erst erzeugt wird. Wir wissen zunächst nicht von schönen Ge-
genständen, sondern von Lustgefühlen, in welchen unser Dasein
erhöht, unser ganzes Gemüth durch ein sinnlich-geistiges Wohl-
behagen, durch den Genuß voller Gesundheit befriedigt und
beseligt wird. Dann werden wir inne, daß wir diese Gefühle
nicht willkürlich hervorrufen, daß sie nicht zufällig auftauchen,
sondern in einem Zusammenwirken bestimmter Vorstellungen
mit unserer Seele entstehen, und wir nennen die Gegenstände
dieser Vorstellungen schön im Unterschiede von andern, welche
andere Empfindungen in uns erwecken.
Hätte Bayer dies erwogen, so würde er es nicht für ein
Besonderes der Schönheit in der unorganischen Natur erachtet
haben, daß dieselbe in uns, in unserm fühlenden Auge, in unserm
sinnigen Schauen sei; auch die Farben des Gemaldes sind erst
unsere Empfindung, auch die Melodie eines Liedes besteht außer
uns nur als Luftschwingungen, die in unserm Ohr zum Tone
werden; das Ohr vernimmt nur Töne nacheinander; wenn der
eine gehört wird, ist der andere verklungen, das Bewußtsein
muß die Töne in ihrer Folge festhalten und zur Einheit ver-
knüpfen, die Seele hört also die Melodie durch eigene Thätigkeit,
und wer eine Dichtung genießen will, der muß sie miterzeu-
gen, der muß sie dem Dichter in sich selbst nachschaffen.
Bayer hat von unserm Leben eine sehr schlechte, von der
Aesthetik eine sehr gute Meinung. Er sagt: „Das aus der
Welt geschiedene Schöne, das die Basis einer schönen Wirk-
lichkeit verloren hat, muß in die Sphäre des Gedankens erho-
ben werden, um uns so gesichert und unverloren zu bleiben.“
Aber all seine Erhebungen in den Gedanken würden uns ein
schlechter Ersatz sein, wenn Rafael’s „Sixtinische Madonna“
oder Mozart’s „Don Juan“ verlorengingen. Das ist ja gerade
die Eigenthümlichkeit des Schönen, daß die ewige Idee nicht
blos gedacht, sondern angeschaut und empfunden wird, und
darum ist für den Verstand in jedem schönen Werke ein Un-
erschöpfliches und Unsagbares vorhanden. Der Künstler wäre
ein rechter Thor, welcher jahrelang an einem Werke meißelte
oder malte, wenn er dasselbe mit ein paar Worten ausdrücken
könnte, wenn nicht das Bild eine Offenbarung ewiger Wesen-
heit auf eine ganz eigene Art wäre, die in ihrer eigenen
Sphäre bestehen will, die nicht in einer andern aufgehoben
werden kann. Bayer sieht in den griechischen Tempeln Weih-
geschenke, die das Volk seinen Göttern brachte, während Schin-
kel’s berliner, Klenzel’s münchener Bauten in keinem Zusammen-
hange zur preußischen oder bairischen Staatsidee ständen; aber
müßte er nicht mit den Tempeln vielmehr unsere Kirchen zu-
sammenstellen, die doch aus unserer Religion hervorgehen? Er
nennt die burgschützende Athene auf der Akropolis das durch
die Siege über die Perser auch zu geistiger Riesengröße empor-
gewachsene Palladium, während die Bavaria in München nur
deshalb so kolossal dastehe, weil sie König Ludwig so bestellt habe.
Aber ist denn jenes Erzbild des Phidias nicht auch durch Pe-
rikles bestellt und von Phidias gegossen worden, sollte es wirk
4-
lich gewachsen sein wie jene Flinte, die der Judenjunge schon
als kleines Pistölchen gekannt haben wollte? Er meint, Kaul-
bach’s Bilder im Neuen Museum hätten mit dem preußischen
Saate nichts zu thun, während die Malereien Polygnot’s,
welche die Großthaten der Griechen darstellten, eine lebensvolle
Bedeutung für Athen gehabt hätten. Aber ließ nicht Ludwig
Philipp in Versailles die Großthaten der Franzosen malen,
stehen nicht in Berlin die Statuen der Helden aus dem Be-
freiungskriege, und ist unsere Gegenwart zu denken ohne die
großen Epochen der Culturgeschichte, die uns Kaulbach ver-
anschaulicht? Ehemals, meint Bayer, sei die Architektur das
Haus der Kunst gewesen, jetzt wohne diese aber nur in Concert-
sälen, Buchläden und Kunsthandlungen zur Miethe; er fragt,
was da zu thun sei, und antwortet: „Die Kunst muß eine
neue Heimat im Gedanken suchen, da sie dieselbe nicht mehr
durch Vermittelung der Architektur im unmittelbaren Volks-
dasein findet: das moderne Pantheon, das sich nicht aus Stein
bauen läßt, das neue Haus, in das die Kunst nun als in ihr
eigenes einziehen soll, ist die Aesthetik.“ Die Aesthetik ist
aber nicht eine Kunst, die Darstellung des Schönen ist nicht
ihr Zweck, sondern sie ist eine philosophische Wissenschaft, welche
die Wirklichkeit des Schönen erkennen und im Zusammen-
hang des geistigen Lebens begreifen, ihre Idee erfassen und
daraus ihre Gesetze entwickeln will. Das erfodert freilich das Ver-
ständniß der Natur und des Geistes, es erfodert eine gründ-
liche philosophische Bildung, und es ist das Schwerste, über
den Begriff des Schönen auch volksverständlich zu schreiben.
Nachdem ich der Redaction die Besprechung von Bayer’s
Buch zugesagt, habe ich es genau durchgenommen und beson-
ders in den ersten Heften eine Menge halbwahrer oder fal-
scher Vorstellungen neben den zusammengelesenen wirklichen
Resultaten der seitherigen Forschung gefunden. Eigenthüm-
liches ist anfangs wenig vorhanden, später findet sich mehr
davon; doch wäre uns auch eine lesbare und übersichtliche Zu-
sammenstellung des von Andern Geleisteten willkommen ge-
wesen; aber freilich wie soll sie Jemand veranstalten, der nicht
das Princip im eigenen Wissen gefunden und damit einen
Maßstab der Beurtheilung gewonnen hat! Doch wir müssen
noch einen Augenblick bei unserm obigen Satze verweilen. Eine
Kunst, was die Architektur ist, ersetzen zu wollen durch Aesthe-
tik, ist nichts Anderes, als wenn man dem Mann mit hunge-
rigem Magen statt des Brotes eine Abhandlung über die Phy-
siologie der Nahrungsmittel böte. Daß die erkannte Wahrheit,
daß die Einsicht in das Wesen der Kunst dem Künstler förder-
lich wird, bestreitet kein Vernünftiger; wir Alle wissen, was
nach Goethe’s eigenem Bekenntniß die deutsche Poesie Lessing’s
Kritik verdankt, und Lessing selbst, der sich nicht einmal für
einen Dichter im vollen Sinne des Worts halten wollte, er-
klärte doch, daß er mittels seines künstlerischen Wissens das
beste Stück Corneille’s besser machen wolle als sein gepriesener
Autor. Aber eben im Künstler muß die Kunstlehre wieder
fruchtbar werden, sonst bleibt es bei dem Distichon:
Fortzupflanzen die Welt sind alle vernünft’gen Discurse
Ungenügend, auch kommt durch sie kein Kunstwerk hervor.
Für Bayer’s Zweck war es ganz angemessen, nicht mit der
Idee des Schönen zu beginnen, sondern mit der Betrachtung
der Wirklichkeit, um aus ihr jene zu gewinnen. So wendet er
sich zuerst zur Natur und macht hier manche feine Bemer-
kung, die zwar oft einer andern Begründung bedarf, dadurch
aber in ihrem Werthe nicht beeinträchtigt wird, z. B. daß die
schöne Naturgestalt in ihrem rechten Glanz erscheint, wenn das
Individuum durch seine eigene Thätigkeit das in ihm schlum-
mernde Urbild weckt, so das wohlgeformte Roß in seiner Be-
wegung, der Adler im majestätischen Flug. Er hat Recht, wenn
er sagt, daß wir eine Pflanze oder ein Thier schön nennen,
insofern sie den gattungsmäßigen Ausdruck der vegetabilischen
oder animalischen Daseinsform vollkommen erreichen; wenn er
aber diese Schönheit eine That der Gattung nennt, an wel
-
cher das Individuum keinen Antheil habe, so verkennt er, daß
alles Leben sich aus individuellen Keimen und nicht aus all-
gemeinen Gesetzen, sondern nur nach denselben entwickelt, und
daß uns das Einzelwesen schön heißt, welches das Gesetz in
eigener freier Triebkraft erfüllt und verwirklicht. Eine Ahnung
davon, daß das Schöne immer ein Freies ist und aus bloßer
Nothwendigkeit nicht entwickelt und verstanden werden kann,
hat auch Vischer gehabt, aber auf sehr verkehrte Weise den
Zufall herangezogen, wofür ihn Bayer mit schülerhaftem Nach-
sprechen preist, ohne zu bedenken, daß Nothwendigkeit und Zu-
fälligkeit zusammen noch lange keine Freiheit geben, und daß
der Zufall als das Grundlose in Wirklichkeit gar nicht ist,
sondern nur eine Ansicht der Menschen bei mangelnder Erkennt-
niß der Gründe, oder ein Ausdruck für Dasjenige, was sich
ohne unsere Absicht ereignet, was uns zufällt, ohne daß wir
daran gedacht, oder einsehen, woher es kam, sodaß es nur für
uns zufällig, an sich aber wohlbegründet und auch sein Zu-
sammentreffen mit uns durch den Weltzusammenhang bedingt
war. „Es gibt keinen Zufall, Zufall wäre Gotteslästerung“,
rief einmal Lessing wie von dem Blitz der Wahrheit hingerissen,
und vor den Physikern macht man sich lächerlich, wenn man
den Zufall wieder in die Natur einführen will. Der Geist ist
so wenig ohne Gesetz und Nothwendigkeit, als die Natur ohne
Freiheit. Die Freiheit aber in ihrem ganzen Wesen und in
ihrem innigen Verhältniß zur Schönheit darzustellen, erfodert
eine eigene Abhandlung, die ich bald im systematischen Zusam-
menhang einer Aesthetik den Freunden dieser Wissenschaft vor-
zulegen hoffe.
Was mag sich Bayer bei folgender Phrase gedacht haben,
die das Goethe’sche Wort „Im Anfang war die That“ erläu-
tern soll? Unter That verstehen wir Andern das Werk der
Freiheit, des Selbstbewußtseins, er aber sagt: „Im Anfang
war der Gedanke nur als Naturthat, als denkbares, aber
noch nicht selbst denkendes Schaffen.“ Ein Gedanke, der nicht
denkt und nicht gedacht wird, denn das ursprüngliche Schaffen
soll ja nicht denken, wenn das nicht jenes Messer ohne Klinge
ist, dessen Stiel abhanden kam.
Mit Wohlgefallen liest man dagegen die Schilderung vom
„Geistschönen“, d. h. den Abschnitt, welcher das menschliche
Leben vom ästhetischen Standpunkt betrachtet; hier ist Man-
ches selbständig und sinnig weiter entwickelt, während die Dar-
stellung der Phantasie oder des künstlerischen Schaffens bei vie-
len trefflichen Einzelheiten dadurch ungenügend bleibt, daß
Bayer sich das Unfreiwillige und Freiwillige, das hier stets
zusammenwirkt, nicht recht vor Augen gestellt, geschweige die
Erklärung der Thatsache versucht hat, wie das Kunstwerk zu-
gleich als des Künstlers eigene That und als ein ihm zutheil
gewordenes Geschenk einer höhern Macht sein kann; denn als
Eingebung und als eigener Kraft Erzeugniß, als Werk der
Begeisterung und besonnenen Erwägung zugleich stehen nach
der Aussage der Künstler selbst ihre Schöpfungen da. Ich
habe in einem Abschnitte meiner „Poetik“ das Problem aufgestellt
und das Wort ausgesprochen, welches die Thatsache nicht leug-
net, sondern begreift und damit das Räthsel löst, für mich
nämlich, und ich hätte gern erfahren, ob auch für Andere;
aber der Verfasser hat es nicht der Mühe werth erachtet, auf
diese Fragen einzugehen. Doch hätte sich gerade hier der Ver-
fasser es klar machen können, ob er selbst auf pantheistischem
Standpunkte, den Vischer für den allein möglichen und zuläng-
lichen ausgibt, stehenbleiben oder auf einen andern mit uns
sich erheben wolle, der die Innen- und Ueberweltlichkeit Got-
tes, Gottes Unendlichkeit und freies Selbstbewußtsein zugleich
festhält, sowie die Seele des Menschen allgegenwärtig im Leibe
lebt und doch über ihm als Geist bei sich selbst ist.
Im Abschnitt über das Kunstschöne betrachtet der Ver-
fasser das Architektonische, Plastische, Malerische und Musika-
lische, und wir müssen ihm das Zeugniß geben, daß sein Werk
sich hebt, je mehr er ins Concrete kommt. Die Poesie und ihre
Verbindung mit der Musik, die Begriffe des Erhabenen, Tra
5-
gischen, Komischen, Humoristischen hat er noch nicht erörtert;
wir empfehlen ihm hierfür Zeising’s „Aesthetische Forschungen“.
Gar manches treffende Wort sagt er über jene Künste; seine
Urtheile über einzelne Werke sind fein und zeigen eine preis-
würdige Gediegenheit der Geschmacksbildung, und so ergibt sich,
daß Bayer ein warmer Freund des Schönen ist, der es für
sich zu genießen versteht, der in einzelnen bestimmten Fragen
über besondere Gegenstände Ausgezeichnetes leisten kann, aber
für die grundlegenden allgemeinen Untersuchungen des philo-
sophischen Talents und der Reife des Geistes für metaphysische
Fragen ermangelt. Um das bereits von der Wissenschaft Er-
rungene in weitere Kreise einzuführen, ist sein Werk geeignet,
aber es führt auch Irrthümer mit sich, auf die schon hingewie-
sen war, ohne daß er es wußte. In der Darstellung hüte er
sich bei dem Streben, Licht und Wärme zu verbinden und über
ästhetische Dinge auch ästhetisch zu schreiben, vor der Gefahr,
den noch unklaren Gedanken durch einen blühenden Stil auf-
zuputzen und die Schärfe des begrifflichen Ausdrucks durch
Metaphern zu ersetzen, die jene immerhin veranschaulichen mö-
gen, sobald sie für sich vorhanden ist.
Auch Ambros gibt sich in seiner Schrift „Die Grenzen
der Musik und Poesie“ als gebildeten Dilettanten zu erkennen;
er entwickelt nicht aus Principien, noch steigt er zu ihnen em-
por, er begründet seine Ansichten weder auf das Wesen der
Kunst noch auf die Natur des Geistes; er hält das Thema
weniger direct und scharf im Auge, als daß er sich darüber
und um dasselbe herum in mannichfaltigen Bemerkungen er-
geht, und es gelingt ihm nicht, das Gesetz mit der Präcision
und Unantastbarkeit für den Unterschied der Musik und Poesie
festzustellen, wie es Lessing in seinem ästhetischen Meisterwerke
in Bezug auf die Grenzen der Malerei und Dichtkunst gethan.
Aber nur an diesem höchsten Maßstab gemessen, läßt das Werk-
chen etwas vermissen; als „Studie zur Aesthetik der Tonkunst“,
als eine Sammlung kunstsinniger Betrachtungen und seiner
Urtheile wird es den Freunden der Musik wie der Aesthetik
willkommen sein und kann ihnen wegen der Richtigkeit der
aufgestellten Ansichten empfohlen werden, wenn auch diese An-
sichten der philosophischen Begründung und Entwickelung noch
bedürfen.
Mit Fug erklärt sich Ambros gegen selche Musiker, welche
(wie Félicien David im „L’avant d’homme“) den Zustand des
Planeten in der Lias- oder Keuperperiode malen, welche, wie
Berlioz, einzelne Scenen aus Shakspeare’s „Romeo und Julie“
nacherzählen wollen, und nennt solche Tonstücke Programmen-
musik, weil sie ohne die erläuternden Worte gar nicht verständlich
sind. Hier wird also der Musik etwas aufgegeben, was ihr
unmöglich ist, was darzustellen einer andern Kunst überlassen
bleiben muß. Jeder Kunst eignet ein bestimmter Lebensinhalt,
den nur sie vollkommen darstellen kann, und wie sie unüber-
trefflich ist auf ihrem eigenen Gebiete, so bleibt sie nothwendig
zurück, wenn sie in die Sphäre einer andern Kunst übergreift.
Gegen die Verkehrtheit, Tonwerke mit Bildern oder Worten
schildern zu wollen, statt das Schöne in der musikalischen Form
zu verstehen und zu genießen, oder Bilder und Worte musika-
lisch darstellen zu wollen, hat Hanslick bekanntlich ein ebenso
einseitiges als geistvolles Schriftchen gerichtet. „Der Compo-
nist“, sagt Hanslick, „dichtet und denkt, nur dichtet und denkt
er, entrückt aller gegenständlichen Realität, in Tönen.“ Der
Musiker componirt nicht mit dem Gefühl, sondern wie jeder
Künstler mit der Phantasie. Aber Hanslick leugnet auch, daß
das Gefühl der Inhalt der Musik sei, während gerade diese
Kunst allein das Gefühl als solches offenbart, d. h. die
Selbstinnigkeit unserer Seele, die Zuständlichkeit unsers Gemüths
als solche, wie sie durch Vorstellungen und Gedanken angeregt
und verändert wird, aber selbst weder Anschauung noch Ge-
danke, sondern Stimmung ist, deren Empfindung sich im Ton,
zunächst im Schrei des Schmerzes und der Freude kundgibt.
Der Wechsel der Zustände in der ununterbrochenen Einheit des
Ich, der Fluß des innern Lebens hat sein äußeres Gegenbild
im Flusse der Zeit und in deren Erfüllung durch den Ton,
und in der Stärke, im Rhythmus, im Auf- und Absteigen der
höhern und tiefern Töne und in ihrem Zusammenklang prägt
sich der Verlauf eines Gefühls selbst künstlerisch aus und kann
es allein auf diese Weise, da die bildende Kunst nicht die Be-
wegung als solche auszudrücken, sondern nur einen Moment
im Raum zu firiren vermag, die Poesie aber die Vorstellungen
und Gedanken des Geistes, nicht dessen eigene, sie begleitende
Zuständlichkeit ausspricht und zur Bestimmtheit des Wortes
fortgeht, während das Gefühl ein ganz Individuelles und zu-
gleich Unsagbares ist. Hanslick aber sagt, „daß tönend bewegte
Formen einzig und allein Inhalt und Gegenstand der Musik
sind“. Aber es gibt keine Form als solche, sie ist immer an
einem Inhalt, sie ist das selbstgesetzte Maß innerer Bildungs-
kraft, das Wesen bringt sich in ihr auch für Andere zur Er-
scheinung, und das unterscheidet die Melodie vom leeren Kling-
klang, daß sie der Ausdruck des fühlenden Geistes ist, der eine
Stimmung nach ihrer Natur und ihrem Verlaufe künstlerisch
abgerundet in ihr auf ideale Weise kundthut, in ihrem Rhyth-
mus und Wohlklang die Harmonie der Welt vernehmen und
das Gesetz der Entwickelung empfinden läßt. Allerdings kann
die Musik nicht sagen: „Ich liebe dich“, oder: „Es ist heute
trübes Wetter“; aber anders ist die Stimmung der Seele im
Freudvoll und Leidvoll der Liebe, anders, wenn ein schwerer
Herbstnebel die Natur belastet, und die Resonanz der Gedan-
ken oder äußern Wahrnehmungen im Gemüthe offenbart eben die
Tonkunst. Anders empfindet der Denker im Ringen mit dem
Zweifel um das Geheimniß des Daseins und in der Beseli-
gung der selbstgefundenen Wahrheit, anders das Landmädchen,
wenn es den Burschen zum Tanz unter der Linde trifft; der
Genius eines Beethoven hat auch für jenes den Ausdruck ge-
funden, während dieses bereits in der Melodie des Ländlers
erklingt. Endlich gibt uns die Musik den Verlauf des Gefühls
als solchen ohne das Bild des bestimmten Gegenstandes, des
bestimmten Gedankens, der es erregte; aber wie auch das
Gemälde und das Gedicht in uns zum Gefühle wird, so weckt
der Ausdruck des Gefühls wieder Vorstellungen gleich Klang-
figuren in der Seele, in jeder andere nach ihren Lebenserfah-
rungen. Die Musik gibt sozusagen die Buchstabenformel,
die der Hörer dann mit benannten oder unbenannten Zahlen
ausfüllt.
So sagt denn auch Ambros viel Treffendes gegen Hans-
lick, indem er die Thaten der großen Musiker der mangelhaf-
ten Theorie des leeren Formalismus entgegenstellt. Er erörtert
Händel’s „Alexanderfest“, um darzuthun, wie der Künstler des
Ausdrucks und der Erweckung der Gefühle fähig ist. Er nennt
es ästhetischen Materialismus, wenn man in der Musik nur
den äußern Klang und seine Verbindung, nicht auch einen
idealen Gehalt wahrnimmt, und in der That ist ja alles Schöne
die Offenbarung des Geistes in sinnlich wohlgefälligen Formen,
und wenn die Musik nur eine tönende Arabeske wäre, könn-
ten wir sie so wenig als den Tanz zu den eigentlichen Künsten
rechnen, die mit der Philosophie, mit der Religion das Höchste
im Leben sind. Ambros entwickelt, wie in der Harmonie, in
dem symmetrischen Gliederbau, im Rhythmus der Leib des
Tonstücks besteht; aber der Leib verlangt auch eine Seele!
Brächte die Musik, sagt er, nur die physikalische Nerven-
reizung hervor — und mehr könnte sie nicht, wenn sie ohne
idealen Gehalt wäre —, so befänden wir uns ihr gegenüber auf
dem Standpunkte eines galvanisirten Froschschenkels. Ihre Wir-
kung allein in den Rhythmus setzen, hieße den Eindruck eines
Trauerspiels von Sophokles dem Versmaß zuschreiben. Das
Wesen der Musik nur in der anmuthigen Tonverbindung sehen,
hieße die Malerei auf die bloße Darstellung von Körperformen
beschränken und es ihr versagen, auch die Seele und den Cha-
rakter der Personen oder die geistige Bedeutung einer veran-
schaulichten Handlung auszudrücken.
In jeder Kunst wirkt der ganze Geist; auch im Bildhauer,
wie im Dichter, ist das Gefühl lebendig, und sein Werk wirkt
6
gefühlerregend, auch der Musiker hat eine Fülle von Anschauun-
gen und Gedanken in seiner Seele und erweckt solche wieder
im Hörer. Der Musiker aber stellt Gefühle dar und wirkt
unmittelbar auf unser Gefühl und mittels der erregten Stim-
mung auf das mit ihr zusammenhängende geistige Leben; der
Dichter spricht in Worten die Gedanken und Thaten aus und
ruft mittels derselben Bilder vor unsere innere Anschauung,
Gefühle in unserm Herzen wach. Aehnlich sagt Ambros: „Ge-
müthsstimmungen sind in der Regel das Resultat von Reihen
bestimmter Vorstellungen. Diese letztern lassen sich in bestimmte
klare Worte fassen, jene nicht. Die Musik bringt uns nur
fertige Stimmungen entgegen, über deren vorgängige Vor-
stellungsreihen sie uns keine Rechenschaft gibt; die Stim-
mung, welche der Hörer von der Musik empfängt, trägt er
nun zurück auf sie über, er sagt, sie drücke dieselbe aus.“ Ich
möchte die Anhänger des bloßen Ergötzens am Formenspiel
daran erinnern, daß der Ton nicht blos Ausdruck unserer
Empfindung, sondern überhaupt eine Empfindung von uns ist.
Die Betrachtung der Schwingungsverhältnisse könnte, wie die
eines jeden mathematischen Satzes, dem Denker eine Befriedi-
gung gewähren, aber als Ton werden sie empfunden, wenn
sie mittels der Luftwellen an unser Uhr schlagen, der Ton ist
das Product der Seelenthätigkeit, die sich in ihm bestimmte
Zustandsänderungen der Leiblichkeit zur Empfindung bringt.
So sind auch Roth, Blau etc. unsere Empfindungen und noch
etwas Anderes als so oder so viele Aetherschwingungen von
so oder so großer Wellenbreite, nämlich Das, was wir sub-
jectiv aus diesen objectiven Bewegungen machen. In jeder
Wahrnehmung schreiben wir der Natur des Gegenstandes Das-
jenige zu, was unsere Subjectivität im Zusammenwirken mit
ihm erzeugt, indem wir uns dieses vorstellen und das in uns
hervorgebrachte Bild wieder außer uns den Gegenstand decken
lassen, dem wir die Anregung dazu verdanken.
Ambros bemerkt weiter: „Wenn das erste Buch Samuel
von der Heilung des trübsinnigen Saul durch David’s Harfen-
spiel erzählt, so hat man sich doch wol keinen Kammermusiker
zu denken, der zu allerhöchster Gemüthsergötzung «beliebte
Motiven» vortrug und Virtuosenkünste machte, sondern den be-
geisterten Sänger, der durch seine Tonweisen die Stimmung
des kranken Königs veränderte und ihm innere Ruhe gab.
Die hellenische Dichtung hat das ideale Moment der Musik
sehr schön in der Sage vom Orpheus ausgedrückt, vor dessen
Sang wilde Thiere sanft wurden, sowie das formale Moment
in der Sage vom Amphion, der durch sein Spiel bewirkte,
daß vor dem geordneten Maße der Töne die rohe Materie
selbst sich zu maßvoller Ordnung zusammenfügte.“
Ein junger Mann hatte Mendelssohn’s, „Lieder ohne Worte“
in Worte übersetzen wollen; der Componist gab ihm zur Ant-
wort, daß der Ausdruck der Musik in Regionen reicht und
dort lebt und weht, wohin das Wort nicht mehr nachkann
und daher nothwendig erlahmen muß, wenn es doch nachwill.
Ambros erinnert hierbei an eine Stelle in Goethe’s „Erwin
und Elmire.“ Erwin: „Ich bin’s!“ — Elmire: „Du bist’s!“ (Die
Musik wage es, setzt der Dichter hinzu, die Gefühle dieser
Pausen auszudrücken.) Die Musik ist auch wirklich den Be-
weis nicht schuldig geblieben, daß sie so etwas wagen darf.
In dem unsterblichen Jubelduett im „Fidelio“ hat sie nach
den gleichlautenden Worten: „Ich bin’s! Du bist’s!“, da die
wiedervereinigten Gatten nur noch ausrufen: „Leonore — Flo-
restan!“ und dann verstummen, ausgedrückt, was in den Her-
zen der Glücklichen Unaussprechliches wogt.
Schließlich möchte ich noch aufmerksam machen, daß über
Händel’s „Messias“, über Beethoven’s „Fidelio“, über einige
Symphonien dieses Meisters vortreffliche Worte künstlerischer
Charakteristik im vorliegenden Büchlein zu finden sind. Auch
der „Tanhäuser“ von Richard Wagner erfährt eine gerechte
Würdigung.
Dies führt uns zu dem Schriftchen, in welchem ein Un-
genannter seinen Beitrag „Zur Reform der modernen Kunst“
gegeben hat. Da heißt es, daß ein vollendetes Werk niemals
das Erzeugniß mehrer Künste zugleich sei, daß der Eindruck
des Schönen von dem reinen Auseinanderhalten der Künste in
ihrer Besonderheit abhange. Hier möchte ich doch zu bedenken
geben, daß in der griechischen Tragödie Poesie und Musik,
daß an der Schauseite des griechischen Tempels Sculptur und
Malerei mit der Architektur zusammenwirkten, und daß na-
mentlich das Giebelfeld ohne den Schmuck der Bildwerke leer
sein würde. Wenn die Anhänger des Kunstwerks der Zu-
kunft meinen, daß Poesie, Musik, Malerei nicht mehr geson-
dert für sich bestehen sollen, sondern in der Oper aufzugehen
haben, so irren sie sehr; es ist eine Untugend unserer Zeit,
daß man individuelle Leistungen gleich allgemein gesetzgeberisch
machen will. Aber ebenso wenig dürfen wir um der falschen
Theorie willen verkennen, daß Richard Wagner, der weder ein
Dichter noch ein Musiker ersten Ranges ist, doch im „Tanhäu-
ser“ durch die Verbindung beider Künste eins der hervor-
ragendsten Werke unserer Zeit geschaffen hat. Es ist ungehö-
rig, die Musik ohne den Text hören, den Tert als solchen wie
ein Drama beurtheilen zu wollen, Eins ist eben ursprünglich
auf das Andere bezogen, und die stimmungslose Magerkeit des
Gedichts gewinnt eben Farbe und Fülle durch die Töne und
diese einen Anhaltepunkt der Entwickelung und des Verständ-
nisses im Text. Sonst wird man dem Verfasser vielfach bei-
stimmen. Er schildert die Einseitigkeiten des Idealismus wie
des Realismus in der Kunst, um auf die Nothwendigkeit einer
Versöhnung und Durchdringung hinzuweisen, deren Ansätze und
Keime er bereits in ausgezeichneten Schöpfungen unserer Tage
erblickt. Ganz gereift und selbst ohne Widersprüche ist sein
Urtheil freilich nicht, aber die Darstellung klar, die Gesinnung
entschieden und wohlwollend. Das Büchlein wird den Künst-
lern zwar nichts Neues von Einfluß auf ihr Wirken sagen,
da bedeuten eben die Worte nicht viel, wol aber kann es zur
Orientirung des Publicums und zur Bildung des Geschmacks
einen Beitrag gewähren.
Moritz Carriere.