Neue Freie Presse
Morgenblatt
Nr. 4710. Wien, Samstag, den 6. October 1877
[1]„Der Landfriede.“
(Oper in drei Acten von I. Brüll. Erste Aufführung im Hofoperntheater am
4. October 1877.)
0004Ed. H. Als nach dem Erfolg des „Goldenen Kreuzes“
0005der Componist seinen Textdichter um ein neues Libretto an-
0006ging, da hatte Mosenthal’s feiner Opern-Spürsinn längst
0007in dem „Landfrieden“ von Bauernfeld einen dankbaren
0008Musikstoff herausgewittert. Der Schauplatz: Augsburg im
0009sechzehnten Jahrhundert, mit seinem reichen, ehrsamen Bürger-
0010stande und den Resten eines wüsten Raubritterthums daneben;
0011die sympathische Gestalt des Kaisers Max, des idealen „letzten
0012Ritters“, gegenüber den komischen letzten Rittern vom Stegreif,
0013Bofesen und Kapaun, dazwischen liebliche Mädchengesichter
0014und stürmische Liebhaber, endlich Situationen von prädesti-
0015nirtem Operneffect, wie die Jagd, die Erstürmung der
0016Bofesenburg, das glänzende Kaiserfest! Manches freilich, was
0017dem Lustspiel die feinere geistige Würze verlieh, mußte weg-
0018fallen; so die individuelleren Charakterzüge des Kaisers und
0019die von echt Bauernfeld’scher Ironie gebeizten Reden des
0020Hofnarren Kunz von der Rosen. Im Uebrigen ist Mosen-
0021thal dem Bauernfeld’schen Original Scene für Scene, häufig
0022Wort für Wort treu gefolgt, so treu, daß die Angabe des
0023Theaterzettels: „Frei nach Bauernfeld“, uns befremdet.
0024Auch wissen wir nicht, warum Mosenthal die Bezeichnung
0025„komische Oper“ vermieden hat, welche seinem „Landfrieden“ so
0026gewiß zukommt, als der Bauernfeld’sche ein Lustspiel ist. Nicht
0027nur stehen die komischen Figuren in hellster Beleuchtung, auch
0028die ernsten Scenen sind bei Bauernfeld und Mosenthal, fern
0029von tragischem Pathos, in einem mittleren Conversationston
0030gehalten, den allerdings Brüll’s Musik im zweiten Acte
0031stellenweise mit der Leidenschaftlichkeit der Großen Oper ver-
0032setzt. Schade nur, daß Mosenthal sich eine wirksame Aende-
0033rung entgehen ließ, welche dem Operndichter erlaubt und
0034leicht auszuführen war; wir meinen, er hätte die beiden köst-
0035lichen Figuren, Bofesen und Kapaun, welche bei Bauernfeld
0036mit dem zweiten Acte verschwinden, am Schlusse des dritten
0037noch einmal bringen sollen zur Belebung und Abrundung
0038des Bildes. Mosenthal’s Verdienst liegt übrigens keineswegs
0039blos in der glücklichen Entdeckung des Stoffes, sondern auch
0040in dessen äußerst geschicktem Umguß in die musikalische Form.
0041Das Libretto des „Landfriedens“ besitzt den seltenen Vorzug
0042einer vernünftig zusammenhängenden Handlung, welche Ernstes
0043und Komisches zwanglos mischt und nicht von lauter stereo-
0044typen Opernfiguren in Bewegung gesetzt wird.
0045So vereinigt denn unsere Opern-Novität drei öster-
0046reichische, drei Wiener Namen guten Klanges: Bauernfeld,
0047Mosenthal und Brüll. Bauernfeld, der Senior des
0048deutschen Lustspiels, welcher mit jugendlicher Rüstigkeit der
0049Vorstellung folgte, war in den Zwischenacten Gegenstand
0050lebhafter Aufmerksamkeit; er schien uns umwogt von lauten
0051und stummen Gratulationen. Daß Mosenthal fehle, hat
0052gar Vielen den Abend schmerzlich getrübt. Am 4. October
0053vorigen Jahres hatte er sich noch, bald auf der Bühne, bald
0054im Parquet, an der ersten Aufführung seines „Goldenen
0055Kreuzes“ erfreut, um dann nur zu schnell in jenen einzigen Land-
0056frieden einzugehen, dem „zu trauen ist“. Der Jüngste
0057von den Dreien — er könnte den Jahren nach Mosenthal’s
0058Sohn und Bauernfeld’s Enkel sein — ist Ignaz Brüll,
0059der rasch in ganz Deutschland beliebt gewordene Componist
0060des „Goldenen Kreuzes“. Wie eine geharnischte Patrouille
0061mit dem österreichischen Wappen auf dem Schild escortirten
0062diese drei Namen das neue Werk zu einem sicheren ein-
0063heimischen Erfolg, zugleich der einheimischen Kritik eine ge-
0064wisse wohlwollende Zurückhaltung zuwinkend. Es sind übri-
0065gens nicht blos patriotische Empfindungen, sondern gewichtigere
0066Gründe artistischer Natur, welche Brüll’s „Landfrieden“
0067empfehlen. Fürs erste die regelmäßig beklagte und trotzdem
0068unverrückt festsitzende Armuth an brauchbaren deutschen
0069Opern-Novitäten, namentlich heiterer Gattung. Seit
0070Lortzing’s Opern, dann Flotow’s „Martha“ (1847)
0071und Nicolai’s „Lustigen Weibern“ (1849), also seit
0072nahezu dreißig Jahren haben eigentlich nur zwei
0073komische Opern deutscher Herkunft eine allgemeinere und
0074lebhaftere Theilnahme gefunden: „Die Widerspenstige“ von
0075Hermann Götz und Brüll’s „Goldenes Kreuz“. Ein
0076außerordentliches Armuthszeugniß für unsere musikalische
0077Productivität, ist das zugleich eine Mahnung, unsere An-
0078forderungen in so schwerer Zeit nicht allzu hoch zu spannen.
0079Das Publicum kommt dieser Mahnung gern und freiwillig
0080nach. Daß Brüll’s „Goldenes Kreuz“ sich binnen Jahres-
0081frist die meisten deutschen Bühnen eroberte und dieselben
0082deutschen Bühnen bereits den „Landfrieden“ ungesehen, unge-
0083hört, gleichsam noch auf dem Halme angekauft haben, gehört
0084zu den größten Erfolgen, deren ein Anfänger sich rühmen
0085kann. Zu dem Mangel an Novitäten überhaupt trat noch
0086ein zweiter Factor von Gewicht: das Bedürfniß nach einer
0087einfach melodiösen, leicht aufzunehmenden und leicht auszu-
0088führenden Musik. Ohne diese im Publicum längst gährende
0089Reaction gegen überwürzte, lärmende, endlose Opernmusik
0090hätte die schüchterne Liebenswürdigkeit des „Goldenen Kreuzes“
0091wenigstens nicht in diesem Grade und in solcher Ausdeh-
0092nung gewirkt. Succès oblige. Herr Brüll that wohl daran,
0093die Wirkung seiner ersten Oper nicht auskühlen, sondern
0094rasch eine zweite, größere ihr folgen zu lassen. Sein „Land-
0095friede“ trägt im Großen und Ganzen dieselbe musikalische
0096Physiognomie und behauptet dasselbe Niveau wie die Par-
0097titur vom „Goldenen Kreuz“ — es dürfte ihm demnach
0098eine gleiche Carrière bevorstehen. In Norddeutschland zumal,
0099wo man die deutsche Biederkeit musikalisch gern in breit-
0100spurig gemächlichen Melodien, gleichmäßigen Rhythmen ein-
0101hergehen sieht und eine gewisse Bequemlichkeit des Scherzes
0102wie der Sentimentalität der südlichen Lebendigkeit vorzieht.
0103Wie seinerzeit am „Goldenen Kreuz“, müssen wir auch an
0104dem „Landfrieden“ den durchwegs deutschen Charakter der
0105Musik loben, welche sich an Schubert, Weber, Kreutzer und
0106Lortzing anlehnt, stellenweise auch den moderneren „deutschen“
0107Ton streift, den Wagner in den „Meistersingern“ so charak-
0108teristisch angeschlagen. In Brüll haben wir ein bescheidenes,
0109aber anmuthiges und echt musikalisch geartetes Talent, dem
0110mancher glückliche Treffer im Gebiete des Gemüthlich-Naiven,
0111des Heiteren und Leicht-Sentimentalen gelingt. Er geht seinem
0112Stoffe immer gradenwegs, ohne mysteriöse Umschweife entgegen
0113und findet für jede Situation den richtigen, wenn auch selten
0114einen tiefen oder zündenden Ausdruck. Brüll’s musikalische Er-
0115findung fließt etwas spärlich und meistens aus abgeleiteten
0116Quellen, dennoch muthet sie uns freundlich an durch einen
0117jetzt so selten gewordenen Zug von Ehrlichkeit und Naivetät.[2]
0118Diese ungesuchte Naivetät hat freilich auch ihre Schwächen,
0119ihre Gefahren: sie ist nicht genug wählerisch. Neben manchem
0120hübschen Gedanken machen sich im „Landfrieden“ auch wieder
0121alltägliche, abgeleierte Melodien breit, die man heutzutage
0122Anstand nehmen sollte, niederzuschreiben. Wir geben dem
0123Componisten zu bedenken, daß er jetzt einen Namen, einen
0124rasch erworbenen Namen zu verlieren hat.
0125Ob der „Landfriede“ einen merklichen Fortschritt be-
0126deute gegen das „Goldene Kreuz“? Ja und Nein. In tech-
0127nischer Hinsicht, besonders in der Bewältigung größerer
0128Formen, gewiß; das Strophenlied und die Romanze, im
0129„Goldenen Kreuz“ noch vorherrschend, treten im „Land-
0130frieden“ gegen die ausgeführte Scenenform und breitere En-
0131sembles zurück. Ob hingegen die reinmusikalische Erfindung
0132im „Landfrieden“ reicher, kräftiger, origineller geworden sei,
0133bleibe dahingestellt. Wir wüßten keine Nummer im „Land-
0134frieden“, die an frischer, runder Wirkung das Walzer-Finale
0135im „Goldenen Kreuz“ erreichte. Auch von der komischen
0136Ader Brüll’s hätten wir nach manchen glücklichen Ansätzen
0137in seiner ersten Oper uns mehr versprochen, als er in der
0138zweiten gehalten hat, wo sich ihm doch in Bofesen und Kapaun
0139ein ungleich dankbarerer, ja beneidenswerther Stoff darbot. Diese
0140beiden Figuren würden ohne die komische Maske und das
0141drastische Spiel der Darsteller schwerlich komisch wirken; die
0142Grandezza Bofesen’s neigt sich bei Brüll viel mehr zum
0143Tragisch-Pathetischen, als zum Komischen, und Kapaun’s
0144Humor behilft sich mit einigen Brosamen von Lortzing’s
0145Tisch. In den komischen und heiteren Scenen bewegt sich
0146Brüll’s Musik ganz eigen bedächtig und schwerflüssig, es will
0147nichts recht vorwärts. Letzterer Vorwurf trifft in gewissem
0148Grade auch die übrigen Partien der Partitur; es fehlt der
0149Oper der rasche Fluß, die dramatische Schlagkraft. Der
0150Componist geräth nicht ins Feuer und verräth immer gleich
0151Lust zum Ausruhen. Musikalisch betrachtet, liegt die Schuld
0152zumeist an dem Vorwalten der geraden Tactarten, der lang-
0153samen oder gemäßigten Tempi, vor Allem aber in dem monoto-
0154nen, gleichförmig fortpendelnden Rhythmus. Der Componist
0155sollte in solchen Nummern das dürre Skelet des Tactschlages
0156wenigstens mit dem blühenden Fleisch rhythmischer Mannichfalt
0157bekleiden. Wo durch seine gleichförmigen rhythmischen Abschnitte
0158am Ende einer Gesangsphrase Lücken entstehen, macht sich Brüll
0159das Ausfüllen derselben gar zu leicht, indem er entweder
0160nur ein kleines Schwänzchen von vier Sechzehntelnoten ein-
0161schiebt oder bestenfalls eine schnelle Geigenscala herauf oder
0162herunter. Diese Monotonie von Tact und Rhythmus, die
0163immer vorauszusehende regelmäßige Periodisirung von zwei
0164zu zwei und vier zu vier Tacten, die unfreie, fast immer
0165an dem metrischen Schema der Verse klebende Rhythmik des
0166Gesanges wirken im Verlaufe der Oper recht abspannend.
0167Der Rhythmus ist die schwache Seite der meisten neueren
0168Operncomponisten Deutschlands, und doch liegt vornehmlich in
0169ihm das Geheimniß des dramatischen Lebens und die auf-
0170helfende Kraft selbst für eine melodisch unbedeutende Er-
0171findung.
0172Von den drei Acten des „Landfriedens“ gefällt uns am
0173besten der erste. Das einleitende Duett der beiden Mädchen
0174fließt in ruhiger Heiterkeit sehr anmuthig hin. Den alten
0175Menzinger müssen wir hier wie überall geduldig in den Kauf
0176nehmen und lassen uns auch den Wallfahrtsgesang der
0177Mädchen gefallen, da man von der Frömmigkeit keine be-
0178sondere Originalität verlangt. Dem Buffo-Duett zwischen
0179Bofesen und Kapaun fehlt es an Leben und Eigenthümlich-
0180keit, doch hilft hier der Text der Musik auf. Sehr hübsch
0181präsentirt sich dafür das Terzett der Beiden mit Robert:
0182„Halt, junger Herr!“ Es setzt gleich mit einem charakteristi-
0183schen, schärfer rhythmisirten Motiv der Bässe ein und ge-
0184winnt durch den Wechsel von Dreiviertel- und Viervierteltact
0185einen lebendigeren Verlauf. Auf diese Nummer, welche uns
0186die frischeste und abgerundetste in der Oper dünkt, folgt
0187wieder eine gute Scene, wenigstens der sehr gute Anfang
0188einer Scene: Kaiser Max tritt auf; wir hören das hübsche
0189Jagdmotiv, das schon in der Ouvertüre gut angebracht ist, und
0190hierauf eine äußerst zierliche Begleitungsfigur zu Kunzens Anrede an
0191Max: „Ei, Gott bewahre!“ Nach einem kurzen Wettsingen Men-
0192zinger’s mit Kaiser Max um den Preis langweiliger Biederkeit
0193stürzen die Mädchen angstvoll herbei und erzählen die Ent-
0194führung Käthchen’s in gut vertheiltem Wechsel von Solo und
0195Chor. Aus dem sich anschließenden Finale hebt sich die kräf-
0196tige Behandlung des Chors hervor; an zwei zu oft wieder-
0197holten Stellen („Herr Kaiser, geht mein Kind mir wieder“
0198und „Dem Rechte Schutz“) würde der Rothstift ein gutes
0199Werk thun. Der zweite Act beginnt sehr ungünstig mit einer
0200flauen, den dramatischen Moment geradezu ignorirenden
0201Einleitung (Katharina wird von Bofesen und Kapaun ge-
0202fangen in die Burg geschleppt), an welche sich ein Terzett
0203zwischen den Dreien knüpft, welches für die Situation wie
0204für den geringen Reiz der Themen entschieden zu lang ist.
0205Das Trinklied Bofesen’s ist ebenso langweilig wie der dar-
0206auffolgende Chor ordinär. Mit Katharina tritt ein edleres
0207Element auch in die Musik ein; ihre Arie wirkt, ohne von
0208hervorstechender Originalität zu sein, durch die Innigkeit der
0209Empfindung, übrigens durch den ausgezeichneten Vortrag der
0210Frau Ehnn. Es folgt die große Scene zwischen Katharina
0211und Robert, der sich mit einer sehr sangbaren, aber an Oft-
0212gehörtes erinnernden Cantilene in As-dur: „Käthchen, Eins
0213darfst du mir glauben,“ einführt. Der Satz geht in Vier-
0214vierteltact, und wir bemerken bei diesem Anlasse, daß wir
0215weit über die Mitte des zweiten Actes, bis in die sechste
0216Scene hineingelangt sind, ohne einen andern als zweithei-
0217ligen Tact zu hören! Dabei (bis auf den Trinkchor) lauter
0218Moderato und gleichförmige Rhythmen. Erst im weiteren
0219Verlauf des Duetts singt Robert ein Andantino im Drei-
0220vierteltact („Fühlst du nicht ein süßes Mahnen?“), eine
0221allerliebste, auch rhythmisch belebtere Melodie, unseres
0222Erachtens die hübscheste in der Oper und von Müller mit
0223hinreißender Wärme gesungen. Leider ist, was Robert weiter
0224in dem langen Duett noch vorbringt, von billigstem Stoff
0225und an alles Erdenkliche erinnernd. Nach diesen beiden weit
0226ausgesponnenen sentimentalen Scenen müßte der komische
0227Schluß des Actes (Bofesen und Kapaun verstecken sich im
0228Keller) von schlagender Wirkung sein; der Componist bleibt
0229aber hier dem großmüthig vorstreckenden Dichter so gut wie
0230Alles schuldig. Der Beifall nach diesem Acte klang etwas
0231gedämpft gegen den Erfolg des ersten. Der dritte Act bringt
0232in seiner ersten Hälfte eine sehr kummervolle Scene Katha-
0233rina’s, unterbrochen von einem Ständchen Robert’s, dann
0234ein Duett der beiden Mädchen mit Frauenchor — Stücke,
0235die uns über das leidige Stocken der Handlung nicht zu
0236täuschen vermögen. Aber Rettung ist nah’! Das Fest, das
0237die Augsburger dem Kaiser Max im Prunksaale des Rath-[3]
0238hauses geben. Die Composition des Festmarsches wird Herrn
0239Brüll keine Kopfschmerzen verursacht haben. Wenn man
0240zwei Orchester (nach Art des Prophetenmarsches alternirend)
0241incommodirt, einen Kaiser und die ganze Stadt Augsburg
0242dazu, dann könnte man ihnen auch ein halbwegs originelles
0243Marschthema spendiren. Glücklicherweise hat der Componist
0244für den folgenden Fackeltanz ein besseres Motiv gefunden,
0245ein feines, graziöses Violinthema, das sich den gemessenen
0246Bewegungen der Tänzer vortrefflich anschmiegt. Dieser Fackel-
0247tanz, der in seiner prachtvollen Ausstattung, seinem histori-
0248schen Costüm, seiner vornehmen choreographischen Erfindung
0249zu dem Malerischesten, ja Ueberraschendsten gehört, was man
0250auf irgend einer Bühne sehen kann, bildete den Höhepunkt
0251der Oper. Er nahm das Publicum vollständig gefangen, so daß
0252das Wenige, was noch nachfolgt (ein sehr nüchternes Preis-
0253lied und einige Sentimentalitäten des Kaisers Max), nur ge-
0254ringe Aufmerksamkeit erregte.
0255Der Total-Eindruck der neuen Oper war überwiegend
0256günstig. Das Zusammenwirken der Handlung, der trefflichen
0257Darstellung, der historisch treuen und prächtigen Ausstattung
0258mit der trotz ihrer Schwächen doch freundlich ansprechenden
0259Musik erzielte eine Wirkung, die sich in der allseitig aus-
0260gelauschten Versicherung: man habe sich gut unterhalten, ihren
0261entsprechenden Ausdruck findet. Eine bessere Aufführung des
0262„Landfriedens“, als die im Hofoperntheater, kann sich der
0263Componist kaum wünschen und schwerlich irgendwo hoffen.
0264Die beiden lyrischen Hauptrollen wurden von Frau Ehnn
0265(Katharina) und Herrn Müller (Robert) mit feuriger
0266Hingebung und zartestem Vortrag gesungen. Herr Scaria
0267und Herr Schmitt lieferten als Bofesen und Kapaun
0268zwei köstliche Chargen. Die anderen, minder umfangreichen,
0269aber für das Ganze doch entscheidend wichtigen Rollen san-
0270gen in Fräulein Kraus (Brigitte), den Herren v. Bignio
0271(Kaiser Max), Mayerhofer (Menzinger) und Alexy
0272(Kunz) tüchtige Sänger und Darsteller. Der unserer Oper
0273unentbehrlich gewordene Capellmeister Gericke hatte die
0274Novität mit der ihm eigenen musterhaften Genauigkeit ein-
0275studirt. Für die Costüme und den Fackeltanz widmen wir
0276den Herren F. Gaul und Telle ein Dankesvotum. Der
0277Componist Herr Ignaz Brüll wurde mit den Darstellern
0278der Hauptrollen nach jedem Act wiederholt gerufen.