Die Verwandtschaft des Gesanges mit der Sprache lag nahe genug, mochte man sich nun
an die Gleichheit der physiologischen Bedingungen halten oder an den gemeinsamen Charakter
als Entäußerung des Innern durch die menschliche Stimme. Die analogen Beziehungen
sind zu auffällig, als daß wir hier darauf einzugehen hätten, es sei demnach nur ausdrücklich
eingeräumt, daß wo es sich bei der Musik wirklich blos um die subjective Entäußerung
eines inneren Dranges handelt, in der That die Gesetzlichkeit des sprechenden Menschen
theilweise maßgebend für den singenden sein wird. Daß der in Leidenschaft Gerathende
mit der Stimme steigt, während die Stimme des sich beruhigenden Redners fällt; daß
Sätze besonderen Gewichtes langsam, gleichgiltige Nebensachen schnell gesprochen werden,
dies und Aehnliches wird der Gesangscomponist, insbesondere der dramatische, nicht
unbeachtet lassen dürfen. Allein man hat sich mit diesen begrenzten Analogien nicht
begnügt, sondern die Musik selbst als eine (unbestimmtere oder feinere) Sprache aufgefaßt
und nun ihre Schönheitsgesetze aus der Natur der Sprache abstrahiren wollen. Jede
Eigenschaft und Wirkung der Musik wurde auf Aehnlichkeiten mit der Sprache zurückgeführt.
Wir sind der Ansicht, daß, wo es sich um das Specifische einer Kunst handelt, ihre
Unterschiede von verwandten Gebieten wichtiger sind, als die Aehnlichkeiten. Unbeirrt
durch diese oft verlockenden, aber das eigentliche Wesen der Musik gar nicht treffenden
Analogien muß die ästhetische Untersuchung unablässig zu dem Punkte vordringen, wo
Sprache und Musik sich unversöhnlich scheiden. Nur aus diesem Punkte werden der Tonkunst
wahrhaft fruchtbringende Bestimmungen sprießen können. Der wesentliche Grundunterschied
besteht aber darin, daß in der Sprache der Ton nur Mittel zum Zweck eines diesem Mittel
ganz fremden Auszudrückenden ist, während in der Musik der Ton als Selbstzweck auftritt.
Die selbstständige Schönheit der Tonformen hier und die absolute Herrschaft des Gedankens
über den Ton als bloßes Ausdrucksmittel dort, stehen sich so ausschließend gegenüber,
daß eine Vermischung der beiden Principe eine logische Unmöglichkeit ist. |
Die Verwandtschaft des Gesanges mit der Sprache lag nahe genug, mochte man sich nun
an die Gleichheit der physiologischen Bedingungen halten oder an den gemeinsamen Charakter
als Entäußerung des Innern durch die menschliche Stimme. Die analogen Beziehungen
sind zu auffällig, als daß wir hier darauf einzugehen hätten, es sei demnach nur ausdrücklich
eingeräumt, daß, wo es sich bei der Musik wirklich blos um die subjective Entäußerung
eines inneren Dranges handelt, in der That die Gesetzlichkeit des sprechenden Menschen
theilweise maßgebend für den singenden sein wird. Daß der in Leidenschaft Gerathende
mit der Stimme steigt, während die Stimme des sich beruhigenden Redners fällt; daß
Sätze besonderen Gewichtes langsam, gleichgültige Nebensachen schnell gesprochen werden,
dies und Aehnliches wird der Gesangscomponist, insbesondere der dramatische, nicht
unbeachtet lassen dürfen. Allein man hat sich mit diesen begrenzten Analogien nicht
begnügt, sondern die Musik selbst als eine (unbestimmtere oder feinere) Sprache aufgefaßt
und nun ihre Schönheitsgesetze aus der Natur der Sprache abstrahiren wollen. Jede
Eigenschaft und Wirkung der Musik wurde auf Aehnlichkeiten mit der Sprache zurückgeführt.
Wir sind der Ansicht, daß, wo es sich um das Specifische einer Kunst handelt, ihre
Unterschiede von verwandten Gebieten wichtiger sind, als die Aehnlichkeiten. Unbeirrt
durch diese oft verlockenden, aber das eigentliche Wesen der Musik gar nicht treffenden
Analogien muß die ästhetische Untersuchung unablässig zu dem Punkte vordringen, wo
Sprache und Musik sich unversöhnlich scheiden. Nur aus diesem Punkte werden der Tonkunst
wahrhaft fruchtbringende Bestimmungen sprießen können. Der wesentliche Grundunterschied
besteht aber darin, daß in der Sprache der Ton nur Mittel zum Zweck eines diesem Mittel
ganz fremden Auszudrückenden ist, während in der Musik der Ton als Selbstzweck auftritt.
Die selbstständige Schönheit der Tonformen hier und die absolute Herrschaft des Gedankens
über den Ton als bloßes Ausdrucksmittel dort, stehen sich so ausschließend gegenüber,
daß eine Vermischung der beiden Principe eine logische Unmöglichkeit ist. |
Die Verwandtschaft des Gesanges mit der Sprache lag nahe genug, mochte man sich nun
an die Gleichheit der physiologischen Bedingungen halten oder an den gemeinsamen Charakter
als Entäußerung des Innern durch die menschliche Stimme. Die analogen Beziehungen
sind zu auffällig, als daß wir hier darauf einzugehen hätten, es sei demnach nur ausdrücklich
eingeräumt, daß, wo es sich bei der Musik wirklich blos um die subjective Entäußerung
eines inneren Dranges handelt, in der That die Gesetzlichkeit des sprechenden Menschen
theilweise maßgebend für den singenden sein wird. Daß der in Leidenschaft Gerathende
mit der Stimme steigt, während die Stimme des sich beruhigenden Redners fällt; daß
Sätze besonderen Gewichtes langsam, gleichgültige Nebensachen schnell gesprochen werden,
dies und Aehnliches wird der Gesangcomponist, insbesondere der dramatische, nicht
unbeachtet lassen dürfen. Allein man hat sich mit diesen begrenzten Analogien nicht
begnügt, sondern die Musik selbst als eine (unbestimmtere oder feinere) Sprache aufgefaßt
und nun ihre Schönheitsgesetze aus der Natur der Sprache abstrahiren wollen. Jede
Eigenschaft und Wirkung der Musik wurde auf Aehnlichkeiten mit der Sprache zurückgeführt.
Wir sind der Ansicht, daß, wo es sich um das Specifische einer Kunst handelt, ihre
Unterschiede von verwandten Gebieten wichtiger sind, als die Aehnlichkeiten. Unbeirrt
durch diese oft verlockenden, aber das eigentliche Wesen der Musik gar nicht treffenden
Analogien muß die ästhetische Untersuchung unablässig zu dem Punkte vordringen, wo
Sprache und Musik sich unversöhnlich scheiden. Nur aus diesem Punkte werden der Tonkunst
wahrhaft fruchtbringende Bestimmungen sprießen können. Der wesentliche Grundunterschied
besteht aber darin, daß in der Sprache der Ton nur Mittel zum Zweck eines diesem Mittel
ganz fremden Auszudrückenden ist, während in der Musik der Ton als Selbstzweck auftritt.
Die selbstständige Schönheit der Tonformen hier und die absolute Herrschaft des Gedankens
über den Ton als bloßes Ausdrucksmittel dort, stehen sich so ausschließend gegenüber,
daß eine Vermischung der beiden Principe eine logische Unmöglichkeit ist. |